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Haeckel und seine Gegner

III.

HG, 32-49

 

Eine absonderliche Stellung der monistischen Weltanschauung gegenüber nimmt der berühmte Pathologe Rudolf Virchow ein. Nachdem Haeckel auf der fünfzigsten Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte seinen Vortrag über »die heutige Entwickelungslehre im Verhältnisse zur Gesamtwissenschaft« gehalten, in dem er geistvoll die Bedeutung der monistischen Weltanschauung für unsere geistige Kultur und auch für das Unterrichtswesen dargelegt hatte, trat vier Tage später Virchow in derselben Versammlung als sein Gegner mit der Rede auf: »Die Freiheit der Wissenschaft im modernen Staate.« Zunächst schien es, als ob Virchow den Monismus nur aus der Schule verbannt wissen wollte, weil, nach seiner Ansicht, die neue Lehre bloß | eine Hypothese sei und nicht eine durch sichere Beweise belegte Thatsache darstelle. Merkwürdig erscheint es allerdings, wenn ein moderner Naturforscher die Entwickelungslehre angeblich aus Mangel an unumstößlichen Beweisen aus dem Unterrichte verbannen will und zugleich dem Dogma der Kirche das Wort redet. Sagt doch Virchow (auf S. 29 der genannten Rede): »Jeder Versuch, unsere Probleme zu Lehrsätzen umzubilden, unsere Vermutungen als die Grundlagen des Unterrichts einzuführen, der Versuch insbesondere, die Kirche einfach zu depossedieren und ihr Dogma ohne weiteres durch eine Descendenz-Religion zu ersetzen, ja, meine Herren, dieser Versuch muß scheitern, und er wird in seinem Scheitern zugleich die höchsten Gefahren für die Stellung der Wissenschaft überhaupt mit sich führen!« Man muß da doch die jedem vernünftigen Denken gegenüber bedeutungslose Frage aufwerfen: Giebt es denn für die kirchlichen Dogmen sicherere Beweise als für die »Descendenz-Religion«? Aus der ganzen Art, wie Virchow damals gesprochen hat, ergiebt sich aber, daß es sich ihm weniger um die Abwendung der Gefahren, die der Monismus dem Unterricht bringen könnte, handelt, als vielmehr um seine prinzipielle Gegnerschaft zu dieser Weltanschauung überhaupt. Das hat er durch sein ganzes seitheriges Verhalten bewiesen. Er hat jede ihm passend erscheinende Gelegenheit ergriffen, um die natürliche Entwickelungsgeschichte zu bekämpfen und seinen Lieblingssatz zu wiederholen: »Es ist ganz gewiß, daß der Mensch nicht vom Affen abstammt.« Beim fünfundzwanzigjährigen Stiftungsfest der »Deutschen Anthropologischen Gesellschaft«, am 24. August 1894, kleidete er sogar diesen Satz in die wenig geschmackvollen Worte: »Auf dem Wege der Spekulation ist man zu der Affentheorie gekommen; man hätte ebensogut zu einer Elefantentheorie oder einer Schaftheorie kommen können.« Dieser Ausspruch hat natürlich gegenüber den Ergebnissen der vergleichenden Zoologie nicht den geringsten Sinn. »Kein Zoologe« – bemerkt | Haeckel – »wird es für möglich halten, daß der Mensch vom Elefanten oder vom Schafe abstammen könne. Denn gerade diese beiden Säugetiere gehören zu den spezialisiertesten Zweigen der Huftiere, einer Ordnung der Säugetiere, die mit derjenigen der Affen oder Primaten in gar keinem direkten Zusammenhange steht (ausgenommen die gemeinsame Abstammung von einer ursprünglichen Stammesform der ganzen Klasse).« – So schwer es dem verdienstvollen Naturforscher gegenüber wird: man kann derlei Aussprüche nur als leere Redensarten bezeichnen. Virchow befolgt bei seiner Bekämpfung der Descendenztheorie eine ganz eigentümliche Taktik. Er fordert unumstößliche Beweise für diese Theorie. Sobald aber die Naturwissenschaft irgend etwas findet, was die Kette der Beweise um ein neues Glied zu bereichern in der Lage ist, dann sucht er dessen Beweiskraft in jeder Weise zu entkräften. Die Descendenztheorie sieht in den berühmten Schädeln von Neanderthal, von Spy u. s. w. vereinzelte paläontologische Überreste von ausgestorbenen niederen Menschen-Rassen, welche zwischen dem affenartigen Vorfahren des Menschen (Pithecanthropus) und den niederen Menschen-Rassen der Gegenwart ein Übergangsglied bilden. Virchow erklärt diese Schädel für abnorme, krankhafte Bildungen, für pathologische Produkte. Er bildete sogar diese Behauptung dahin aus, daß alle Abweichungen von den einmal feststehenden organischen Urformen solche pathologische Gebilde seien. Wenn wir also durch künstliche Züchtung aus wildem Obst Tafelobst hervorbringen, so haben wir nur ein krankes Naturobjekt erzeugt. Man kann den Virchowschen, aller Entwickelungstheorie feindlichen Satz: »Der Plan der Organisation ist innerhalb der Spezies unveränderlich, Art läßt nicht von Art«, nicht bequemer beweisen, als wenn man das, was vor unseren Augen zeigt, wie Art von Art läßt, nicht als gesundes, naturgemäßes Entwicklungsprodukt, sondern als krankes Gebilde erklärt. Ganz entsprechend diesem Verhalten Virchows zur Abstammungslehre waren auch seine Behauptungen über die Knochenreste | des Menschenaffen (Pithecanthropus erectus), die Eugen Dubois 1894 in Java gefunden hat. Allerdings waren diese Überreste, ein Schädeldach, ein Oberschenkel und einige Zähne, unvollständig. Über sie entspann sich auf dem Zoologen-Kongreß in Leyden [1895] eine Debatte, die höchst interessant war. Von zwölf Zoologen waren drei der Ansicht, daß die Reste von einem Affen, drei, daß sie von einem Menschen stammen, sechs vertraten die Meinung, daß man es mit einer ausgestorbenen Übergangsform zwischen Mensch und Affe zu thun habe. Dubois hat in einleuchtender Weise das Verhältnis dieses Mittelgliedes zwischen Mensch und Affe einerseits zu den niederen Rassen des Menschengeschlechts, anderseits zu den bekannten Menschenaffen dargelegt. Virchow erklärte, daß der Schädel und der Oberschenkel nicht zusammengehören, sondern, daß der erstere von einem Affen, der letztere von einem Menschen herrühre. Diese Behauptung wurde von sachkundigen Paläontologen widerlegt, die auf Grund des gewissenhaften Fundberichtes sich dahin aussprachen, daß nicht der geringste Zweifel bestehen könne über die Herkunft der Knochenreste von einem und demselben Individuum. Daß der Oberschenkel nur von einem Menschen herrühren könne, suchte Virchow durch eine Knochenwucherung an demselben zu beweisen, die von einer nur durch sorgsame menschliche Pflege zur Heilung gebrachten Krankheit herrühren müsse. Dagegen zeigte der Paläontologe Marsh, daß ähnliche Knochenauswüchse auch bei wilden Affen vorkommen. Eine dritte Behauptung Virchows, daß die tiefe Einschnürung zwischen dem Oberrand der Augenhöhlen und dem niederen Schädeldach des Pithecanthropus für dessen Affennatur spreche, konnte der Paläontologe Nehring damit zurückweisen, daß sich dieselbe Bildung an einem Menschenschädel von Santos in Brasilien findet.

Virchows Kampf gegen die Entwickelungslehre erscheint in der That rätselhaft, wenn man bedenkt, daß dieser Forscher im Beginne seiner wissenschaftlichen Laufbahn, vor der Veröffentlichung von Darwins | »Entstehung der Arten«, die Lehre von den mechanischen Grundlagen aller Lebensthätigkeit vertrat. In Würzburg, wo Virchow von 1848–56 lehrte, saß Haeckel »andachtsvoll zu seinen Füßen und vernahm zuerst von ihm mit Enthusiasmus jene klare und einfache Lehre«. Die durch Darwin geschaffene Umwandlungslehre, die ein umfassendes Erklärungsprinzip für diese Lehre liefert, bekämpft aber Virchow. Wenn er gegenüber den Thatsachen der Versteinerungskunde, der vergleichenden Anatomie und Physiologie fortwährend betont, daß die »sicheren Beweise« fehlen, so kann demgegenüber nur geltend gemacht werden, daß zur Anerkennung der Entwickelungslehre allerdings die Kenntnis der Thatsachen nicht ausreicht, sondern daß dazu – wie Haeckel sagt – auch »ein philosophisches Verständnis« derselben gehört. Es »entsteht nur durch die innigste Wechselwirkung und gegenseitige Durchdringung von Erfahrung und Philosophie das unerschütterliche Gebäude der wahren, monistischen Wissenschaft« (Haeckel, Natürliche Schöpfungsgeschichte, 34. Vortrag). Gefährlicher als all die Schäden, die eine »Descendenz-Religion« in unreifen Köpfen anrichten kann, ist jedenfalls Virchows seit Jahrzehnten unter dem Beifall der theologischen und anderer Reaktionäre geführter Kampf gegen die Abstammungslehre. Eine sachliche Auseinandersetzung mit Virchow wird dadurch erschwert, daß er im Grunde bei der bloßen Verneinung stehenbleibt und sachliche Einwände gegen die Entwickelungslehre im allgemeinen nicht vorbringt.

Andere naturwissenschaftliche Gegner Haeckels machen es uns leichter, über sie zur Klarheit zu gelangen, weil sie die Gründe für ihre Gegnerschaft angeben und wir daher die Fehler in ihren Folgerungen einsehen können. Zu ihnen sind Wilhelm His und Alexander Goette zu zählen.

His trat im Jahre 1868 mit seinen »Untersuchungen über die erste Anlage des Wirbeltierleibes« auf. Sein Kampf richtet sich vor | allen Dingen gegen die Lehre, daß die Formentwickelung eines höheren Organismus vom ersten Keim bis zum ausgebildeten Zustande ihre Erklärung durch die Stammesentwickelung finde. Nicht dadurch sollen wir diese Entwickelung erklären, daß wir sie als Resultat der durch Vererbung und Anpassung vermittelten Entwickelung der Generationen hinstellen, von denen der Einzelorganismus abstammt, sondern wir sollen, ohne Rücksicht auf vergleichende Anatomie und Stammesgeschichte, in dem Einzelorganismus selbst die mechanischen Ursachen seines Werdens suchen. His geht davon aus, daß der als gleichartige Fläche gedachte Keim an verschiedenen Stellen ungleich wächst, und behauptet, daß infolge dieses ungleichen Wachstums im Laufe der Entwickelung der komplizierte Bau des Organismus hervorgehe. Er sagt: man nehme eine einfache Platte und stelle sich vor, daß sie an verschiedenen Stellen einen verschiedenen Antrieb zur Vergrößerung besitze. Dann wird man aus rein mathematischen und mechanischen Gesetzen den Zustand entwickeln können, in dem sich das Gebilde nach einiger Zeit befinden muß. Seine aufeinanderfolgenden Formen werden genau den Entwickelungsstadien entsprechen, die der Einzelorganismus vom Keim bis zum vollkommenen Zustande durchläuft. So brauchen wir also nicht über die Betrachtung des Einzelorganismus hinauszugehen, um seine Entwickelung zu begreifen, sondern wir können diese aus dem mechanischen Wachstumsgesetz selbst ableiten. »Alle Formung, bestehe sie in Blätterspaltung, in Faltenbildung oder in vollständiger Abgliederung, geht als eine Folge aus jenem Grundgesetz hervor.« Die beiden Gliedmaßenpaare bringt das Wachstumsgesetz auf folgende Weise zu stande: »Ihre Anlage wird, den vier Ecken eines Briefes ähnlich, durch die Kreuzung von vier, den Körper umgrenzenden Falten bestimmt.« His weist die Zuhülfenahme der Stammesgeschichte mit der Begründung ab: »Hat die Entwickelungsgeschichte für eine gegebene Form die Aufgabe physiologischer Ableitung durchgreifend erfüllt, dann darf sie mit Recht von | sich sagen, daß sie diese Form als Einzelform erklärt habe.« (Vergl. His: Unsere Körperform und das physiologische Problem ihrer Entstehung.) In Wirklichkeit ist aber mit einer solchen Erklärung gar nichts gethan. Denn es fragt sich doch: warum wirken an verschiedenen Stellen des Keimes verschiedene Wachstumskräfte. Sie werden von His einfach als vorhanden angenommen. Die Erklärung kann nur darin gesehen werden, daß die Wachstumsverhältnisse der einzelnen Teile des Keimes von den Ahnentieren durch Vererbung übertragen sind, daß somit der Einzelorganismus die aufeinanderfolgenden Stufen seiner Entwickelung durchläuft, weil die Veränderungen, die seine Vorfahren in großen Zeiträumen erfahren haben, als Ursache seines individuellen Werdens nachwirken.

Zu welchen Konsequenzen die Anschauung von His führt, zeigt sich am besten an seiner »Höhlenlappen-Theorie«. Durch sie sollen die sogenannten »rudimentären Organe« des Organismus erklärt werden. Es sind dies Teile, die am Organismus vorhanden sind, ohne daß sie für das Leben desselben irgendwelche Bedeutung haben. So hat der Mensch am inneren Winkel seines Auges eine Hautfalte, die für die Verrichtungen seines Sehorgans ohne jeden Zweck ist. Er hat auch die Muskeln, welche denen entsprechen, durch die gewisse Tiere ihre Ohren willkürlich bewegen können. Dennoch können die meisten Menschen ihre Ohren nicht bewegen. Manche Tiere besitzen Augen, die von einer Haut bedeckt sind, also nicht zum Sehen dienen können. His erklärt diese Organe als solche, denen »bis jetzt keine physiologische Rolle sich hat zuteilen lassen, den Abfällen vergleichbar, welche beim Zuschneiden eines Kleides auch bei der sparsamsten Verwendung des Stoffes sich nicht völlig vermeiden lassen«. Die Entwickelungstheorie giebt für sie die einzig mögliche Erklärung. Sie sind von den Voreltern ererbt. Bei diesen hatten sie ihren guten Zweck. Tiere, die heute unter der Erde leben und nicht sehende Augen haben, stammen von solchen Ahnen ab, die im Lichte | lebten und Augen brauchten. Im Laufe vieler Generationen haben sich die Lebensverhältnisse eines solchen organischen Stammes geändert. Die Lebewesen haben sich den neuen Verhältnissen angepaßt, in denen ihnen die Sehorgane entbehrlich sind. Aber diese sind als Erbstücke aus einer früheren Entwickelungsstufe geblieben, nur sind sie im Laufe der Zeit verkümmert, weil sie nicht gebraucht wurden. Diese rudimentären Organe sind eines der stärksten Beweismittel für die natürliche Entwickelungstheorie. Wenn beim Aufbau einer organischen Form irgendwelche zwecksetzende Absichten geherrscht hätten: woher kämen diese unzweckmäßigen Teile? Es giebt für sie keine andere mögliche Erklärung, als daß sie im Laufe vieler Generationen allmählich außer Gebrauch gekommen sind.

Auch Alexander Goette ist der Ansicht, daß man die Entwickelungsstadien des Einzelorganismus nicht auf dem Umwege durch die Stammesgeschichte zu erklären brauche. Er leitet die Gestaltung des Organismus von einem »Formgesetze« ab, das zu den physischen und chemischen Prozessen des Stoffes hinzutreten muß, um das Lebewesen zu bilden. Er suchte diesen Standpunkt ausführlich in seiner »Entwickelungsgeschichte der Unke« (1875) zu vertreten. »Das Wesen der Entwickelung besteht in der vollständigen, aber allmählichen Einführung eines neuen von außen bedingten Momentes, eben des Formgesetzes, in die Existenz gewisser Naturkörper.« Da das Formgesetz von außen zu den mechanischen und physikalischen Eigenschaften des Stoffes hinzutreten und nicht sich aus diesen Eigenschaften entwickeln soll, so kann es nichts anderes als eine stofffreie Idee sein, und wir haben in ihm nichts gegeben, was sich im wesentlichen von den Schöpfungsgedanken unterscheidet, die nach der dualistischen Weltanschauung den organischen Formen zu Grunde liegen. Es soll ein außer der organisierten Materie existierendes und deren Entwickelung verursachendes Motiv sein. Das heißt, es bedient sich der stofflichen Gesetze ebenso als Handlanger, wie die Idee Eduard von Hartmanns. Goette muß dieses »Formgesetz« | herbeirufen, weil er der Meinung ist, daß »die individuelle Entwickelungsgeschichte der Organismen« allein deren gesamte Gestaltung begründet und erklärt. Wer leugnet, daß die wahren Ursachen der Entwickelung des Einzelwesens ein historisches Ergebnis der Vorfahrenentwickelung sind, der wird notwendig zu solchen, außer dem Stoffe liegenden ideellen Ursachen greifen müssen.

Ein gewichtiges Zeugnis gegen solche Versuche, ideelle Gestaltungskräfte in die individuelle Entwickelungsgeschichte einzuführen, bieten die Leistungen solcher Naturforscher, welche die Gestaltungen höherer Lebewesen wirklich unter der Voraussetzung erklärt haben, daß diese Gestaltungen die erbliche Wiederholung von zahllosen stammesgeschichtlichen Veränderungen sind, die sich während langer Zeiträume abgespielt haben. Ein schlagendes Beispiel in dieser Hinsicht ist die schon von Goethe und Oken vorgeahnte, aber erst von Carl Gegenbaur auf Grund der Descendenztheorie in das rechte Licht gerückte »Wirbeltheorie der Schädelknochen«. Er führte den Nachweis, daß der Schädel der höheren Wirbeltiere und auch des Menschen durch allmähliche Umbildung eines Urschädels entstanden ist, dessen Form noch heute die Urfische oder Selachier in ihrer Kopfbildung bewahren. Gestützt auf solche Ergebnisse bemerkt daher Gegenbaur mit Recht: »An der vergleichenden Anatomie wird die Descendenztheorie zugleich einen Prüfstein finden. Bisher besteht keine vergleichend-anatomische Erfahrung, die ihr widerspräche; vielmehr führen uns alle daraufhin. So wird jene Theorie das von der Wissenschaft zurückempfangen, was sie ihrer Methode gegeben hat: Klarheit und Sicherheit.« (Vergl. die Einleitung zu Gegenbaurs: »Vergleichende Anatomie«.) Die Descendenztheorie hat die Wissenschaft darauf hingewiesen, die wirklichen Ursachen der individuellen Entwickelung des Einzelorganismus bei dessen Vorfahren zu suchen; und die Naturwissenschaft ersetzt auf diesem Wege alle ideellen Entwickelungsgesetze, die von irgendwo außerhalb an den organischen Stoff | herantreten sollen, durch die thatsächlichen Vorgänge der Stammesgeschichte, die im Einzelwesen als Gestaltungskräfte fortwirken.

Immer mehr nähert sich unter dem Einfluß der Descendenztheorie die Naturwissenschaft dem großen Ziele, das einer der größten Naturforscher des Jahrhunderts, Karl Ernst von Baer, mit den Worten vorgezeichnet hat: »Ein Grundgedanke ist es, der durch alle Formen und Stufen der tierischen Entwickelung geht und alle einzelnen Verhältnisse beherrscht. Derselbe Grundgedanke ist es, der im Weltraum die verteilte Masse in Sphären sammelte und diese zu Sonnensystemen verband; derselbe, der den verwitterten Staub an der Oberfläche des Planeten in lebendige Formen hervorwachsen ließ. Dieser Gedanke ist aber nichts, als das Leben selbst, und die Worte und Silben, in welchen er sich ausspricht, sind die verschiedenen Formen des Lebendigen.« Ein anderer Ausspruch Baers giebt dieselbe Vorstellung in anderer Form: »Noch manchem wird ein Preis zu teil werden. Die Palme aber wird der Glückliche erringen, dem es vorbehalten ist, die bildenden Kräfte des tierischen Körpers auf die allgemeinen Kräfte oder Lebensverrichtungen des Weltganzen zurückzuführen.«

Es sind dieselben allgemeinen Naturkräfte, die den auf einer schiefen Ebene befindlichen Stein hinabrollen, und die auch durch die Entwickelung aus einer organischen Form die andere entstehen lassen. Die Eigenschaften, die sich eine Form durch Generationen hindurch auf dem Wege der Anpassung erwirbt, die vererbt sie auf ihre Nachkommen. Was ein Lebewesen gegenwärtig von innen heraus, aus seiner Keimesanlage entfaltet, das hat sich bei seinen Ahnen äußerlich im mechanischen Kampf mit den übrigen Naturkräften entwickelt. Um diese Ansicht festzuhalten, dazu ist allerdings notwendig, daß man annimmt, die in diesem äußeren Kampfe erworbenen Gestaltungen können sich wirklich vererben. Deshalb wird durch die namentlich von August Weismann verfochtene Meinung, daß sich erworbene Eigenschaften nicht | vererben, die ganze Entwickelungslehre in Frage gesteht. Er ist der Ansicht, daß keine äußere Veränderung, die sich mit einem Organismus vollzogen hat, auf die Nachkommen übertragen werden kann, sondern daß sich nur dasjenige vererbt, was durch eine ursprüngliche Anlage des Keimes vorausbestimmt war. In den Keimen der Organismen sollen unzählige Entwickelungsmöglichkeiten liegen. Demnach können sich die organischen Formen im Laufe ihrer Fortpflanzung verändern. Eine neue Form entsteht, wenn in der Nachkommenschaft andere Entwickelungsmöglichkeiten zur Entfaltung kommen, als bei den Vorfahren. Von den auf diese Weise immer neu entstehenden Formen werden sich diejenigen erhalten, die den Kampf ums Dasein am besten bestehen können. Formen, die diesem Kampfe nicht gewachsen sind, werden untergehen. Wenn sich aus einer Entwickelungsmöglichkeit eine Form bildet, die im Konkurrenzstreit besonders tüchtig ist, so wird diese Form sich fortpflanzen; wenn das nicht der Fall ist, muß sie untergehen. Man sieht, hier werden die äußerlich auf den Organismus wirkenden Ursachen ganz ausgeschaltet. Die Gründe, warum sich die Formen verändern, liegen im Keime. Und der Kampf ums Dasein wählt von den aus den verschiedensten Keimanlagen hervorgehenden Gestalten diejenigen aus, die am tauglichsten sind. Die Eigenschaft eines Organismus führt uns nicht hinauf zu einer Veränderung, die mit seinem Vorfahren vor sich gegangen ist, als zu deren Ursache, sondern zu einer Anlage im Keime dieses Vorfahren. Da also von außen nichts an dem Aufbau der organischen Formen bewirkt werden kann, so müssen im Keime der Urform, von der ein Stamm seine Entwickelung begonnen hat, schon die Anlagen für die folgenden Generationen liegen. Wir stehen wieder vor einer Einschachtelungslehre. Weismann denkt sich den fortschreitenden Prozeß, durch den die Keime die Entwickelung besorgen, als einen stofflichen Vorgang. Wenn ein Organismus entsteht, so wird von der Keimmasse, aus der er sich entwickelt, ein Teil lediglich dazu verwendet, | einen neuen Keim behufs weiterer Fortpflanzung zu bilden. In der Keimmasse eines Nachkommen ist also ein Teil derjenigen der Eltern vorhanden, in der Keimmasse der Eltern ein Teil derjenigen der Großeltern und so fort bis hinauf zu der Urform. Durch alle sich auseinander entwickelnden Organismen erhält sich also eine ursprünglich vorhandene Keimsubstanz. Dies ist Weismanns Theorie von der Kontinuität und Unsterblichkeit des Keimplasmas. Er glaubt sich zu dieser Anschauung gedrängt, weil ihm zahlreiche Thatsachen der Annahme einer Vererbung erworbener Eigenschaften zu widersprechen scheinen. Als eine besonders bemerkenswerte führt er das Vorhandensein der zur Fortpflanzung unfähigen Arbeiter bei den staatenbildenden Insekten, den Bienen, Ameisen und Termiten an. Diese Arbeiter entwickeln sich nicht aus besonderen Eiern, sondern aus denselben, aus denen auch die fruchtbaren Individuen ihren Ursprung nehmen. Werden weibliche Larven dieser Tiere sehr reichlich und nahrhaft gefüttert, so legen sie Eier, aus denen Königinnen oder Männchen hervorgehen. Ist die Fütterung weniger ausgiebig, so bilden sich unfruchtbare Arbeiter. Es liegt nun nahe, die Ursache der Unfruchtbarkeit einfach in der minderwertigen Ernährung zu suchen. Diese Ansicht vertritt u. a. Herbert Spencer, der englische Denker, der auf der Grundlage der natürlichen Entwickelungsgeschichte eine philosophische Weltanschauung aufgebaut hat. Weismann hält diese Ansicht nicht für richtig. Denn bei der Arbeitsbiene bleiben die Fortpflanzungsorgane nicht etwa nur in ihrer Entwickelung zurück, sondern sie werden rudimentär, sie haben einen großen Teil der für die Fortpflanzung notwendigen Teile nicht. Nun könne man aber bei anderen Insekten nachweisen, daß schlechte Ernährung durchaus keine solche Organverkümmerung nach sich zieht. Die Fliegen sind den Bienen verwandte Insekten. Weismann hat die von einem Weibchen der Schmeißfliege gelegten Eier in zwei Partieen getrennt aufgezogen, und die einen reichlich, die anderen spärlich gefüttert. Die letzteren wuchsen | langsam und blieben auffallend klein. Aber sie pflanzten sich fort. Daraus geht hervor, daß bei den Fliegen schlechte Ernährung nicht das Unfruchtbarwerden bewirkt. Dann kann aber auch bei dem Urinsekt, der gemeinsamen Stammform, die man im Sinne der Entwickelungslehre für die verwandten Arten der Bienen und Fliegen annehmen muß, die Eigentümlichkeit noch nicht bestanden haben, durch schwache Ernährung unfruchtbar zu werden. Sondern es muß diese Unfruchtbarkeit eine erworbene Eigenschaft der Biene sein. Zugleich kann aber auch von einer Vererbung dieser Eigenschaft nicht die Rede sein, denn die Arbeiterinnen, die sie erworben haben, pflanzen sich nicht fort, können demnach auch nichts vererben. Es muß also im Bienenkeim selbst die Ursache dafür gesucht werden, daß sich einmal Königinnen, das andere Mal Arbeiter entwickeln. Der äußere Einfluß der schwachen Fütterung kann nichts bewirken, weil er sich nicht vererbt. Er kann nur als Reiz wirken, der die vorgebildete Keimanlage zur Entfaltung bringt. Durch Verallgemeinerung dieser und ähnlicher Ergebnisse kommt Weismann zu dem Schluß: »Die äußere Einwirkung ist niemals die wirkliche Ursache der Verschiedenheit, sondern sie spielt nur die Rolle des Reizes, der darüber entscheidet, welche der vorhandenen Anlagen zur Entwickelung gelangen soll. Die wirkliche Ursache aber liegt immer in vorgebildeten Veränderungen der Anlagen des Körpers selbst, und diese – da sie stets zweckmäßige sind – können in ihrer Entstehung nur auf Selektionsprozesse bezogen werden«, auf die Auswahl der Tüchtigsten im Kampf ums Dasein. Der Kampf ums Dasein (die Selektion) »allein ist das leitende und führende Prinzip bei der Entwickelung der Organismenwelt« (Äußere Einflüsse der Entwickelungsreize S. 49 f.). Derselben Ansicht wie Weismann von der Nichtvererbung erworbener Eigenschaften und der Allmacht der Selektion huldigen auch die englischen Forscher Francis Galton und Alfred Russell Wallace.

Die Thatsachen, welche diese Forscher vorbringen, bedürfen gewiß | der Aufklärung. Sie können eine solche aber nicht in der von Weismann angegebenen Richtung erfahren, wenn man nicht die ganze monistische Entwickelungslehre preisgeben will. Zu einem solchen Schritte können aber am wenigsten die Einwände gegen die Vererbung erworbener Eigenschaften zwingen. Denn man braucht nur die Entwickelung der Instinkte bei den höheren Tieren zu betrachten, um sich davon zu überzeugen, daß eine solche Vererbung stattfindet. Blicken wir z. B. auf die Entwickelung unserer Haustiere. Manche von ihnen haben sich infolge des Zusammenlebens mit den Menschen geistige Fähigkeiten angeeignet, von denen bei ihren wilden Vorfahren nicht die Rede sein kann. Diese Fähigkeiten können doch gewiß nicht aus einer inneren Anlage stammen. Denn der menschliche Einfluß, die Erziehung tritt als ein völlig Äußeres an diese Tiere heran. Wie sollte eine innere Anlage gerade einer bestimmten willkürlichen Einwirkung des Menschen entgegenkommen? Und dennoch wird die Dressur zum Instinkt, und dieser vererbt sich auf die Nachkommen. Ein solches Beispiel ist unwiderleglich. Von seiner Art können unzählige gefunden werden. Die Thatsache der Vererbung von erworbenen Eigenschaften besteht also; und es ist zu hoffen, daß weitere Forschungen die ihr scheinbar widersprechenden Erfahrungen Weismanns und seiner Anhänger mit dem Monismus in Einklang bringen werden.

Weismann ist im Grunde doch nur auf halbem Wege zum Dualismus stehengeblieben. Seine inneren Entwickelungs-Ursachen haben nur einen Sinn, wenn sie als ideelle gefaßt werden. Denn wären sie stoffliche Vorgänge im Keimplasma, so wäre nicht einzusehen, warum diese stofflichen Vorgänge und nicht die des äußeren Geschehens im Prozeß der Vererbung fortwirken sollten. Konsequenter als Weismann ist ein anderer Naturforscher der Gegenwart, nämlich J. Reinke, der mit seinem vor kurzem erschienenen Buch: »Die Welt als That; Umrisse einer Weltansicht auf naturwissenschaftlicher Grundlage« | den Sprung ins dualistische Lager ohne Rückhalt gemacht hat. Er erklärt, daß aus den physischen und chemischen Kräften der organischen Substanzen niemals sich ein Lebewesen aufbauen könne. »Das Leben besteht nicht in chemischen Eigenschaften einer besonderen Verbindung oder einer Mehrzahl von Verbindungen. Wie aus den Eigenschaften von Messing und Glas sich noch nicht die Möglichkeit der Entstehung des Mikroskops ergiebt, so wenig folgt aus den Eigenschaften der Eiweißstoffe, Kohlehydrate, Fette, des Lecithins, Cholesterins u. s. w die Möglichkeit der Entstehung einer Zelle.« (S. 178 des genannten Werkes). Es müssen neben den stofflichen Kräften noch geistige oder Kräfte zweiter Hand vorhanden sein, welche den ersteren ihre Richtung geben, ihr Zusammenwirken so regeln, daß sich der Organismus ergiebt. Diese Kräfte zweiter Hand nennt Reinke Dominanten. »In der Verbindung der Dominanten mit den Energieen – den Leistungen der physikalischen und chemischen Kräfte – »enthüllt sich uns eine Durchgeistigung der Natur; in dieser Auffassung gipfelt mein naturwissenschaftliches Glaubensbekenntnis«. (S. 455.) Es ist nun nur folgerichtig, daß Reinke auch eine allgemeine Weltvernunft annimmt, welche ursprünglich die nur chemischen und physikalischen Kräfte in den Zusammenhang gebracht hat, in dem sie in den organischen Wesen thätig sind.

Dem Vorwurf, daß durch eine solche von außen auf die stofflichen Kräfte wirkende Vernunft die im Reich des Unorganischen geltende Gesetzmäßigkeit für die organische Welt außer Kraft gesetzt wird, sucht Reinke dadurch zu entgehen, daß er sagt: die allgemeine Weltvernunft ebenso wie die Dominanten bedienen sich der mechanischen Kräfte; sie verwirklichen ihre Schöpfungen nur mit Hilfe dieser Kräfte. Das Verhalten der Weltvernunft stimmt mit dem eines Mechanikers überein, der auch die Naturkräfte arbeiten läßt, nachdem er ihnen die Richtung angewiesen hat. Mit diesem Ausspruche wird aber wieder im Sinne Eduard von Hartmanns die Art der Gesetzmäßigkeit, die sich in den | mechanischen Thatsachen ausspricht, zum Handlanger einer höheren, geistigen erklärt.

Goettes Formgesetz, Weismanns innere Entwickelungsursachen, Reinkes Dominanten sind eben im Grunde doch nichts anderes, als Abkömmlinge der Gedanken des planmäßig bauenden Weltschöpfers. Sobald man die klare und einfache Erklärungsweise der monistischen Weltansicht verläßt, verfällt man unbedingt mehr oder weniger in mystisch-religiöse Vorstellungen, und von solchen gilt Haeckels Satz, daß es »dann besser ist, die mysteriöse Schöpfung der einzelnen Arten anzunehmen«. (Über unsere gegenwärtige Kenntnis vom Ursprung des Menschen, S. 30.)

Neben denjenigen Gegnern des Monismus, welche der Ansicht sind, daß die Betrachtung der Welterscheinungen zu geistigen Wesenheiten hinführe, die unabhängig von den stofflichen Erscheinungen sind, giebt es noch andere, die das Gebiet einer über der natürlichen schwebenden übernatürlichen Weltordnung dadurch retten wollen, daß sie dem menschlichen Erkenntnisvermögen überhaupt die Fähigkeit absprechen, die letzten Gründe des Weltgeschehens zu begreifen. Die Vorstellungen dieser Gegner haben ihren beredtesten Anwalt in Du Bois-Reymond gefunden. Seine auf der fünfundvierzigsten Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte (1872) gehaltene, berühmte »Ignorabimus-Rede« ist der Ausdruck ihres Glaubensbekenntnisses. Du Bois-Reymond bezeichnet in dieser Rede als das höchste Ziel des Naturforschers die Erklärung aller Weltvorgänge, also auch des menschlichen Denkens und Empfindens, durch mechanische Prozesse. Gelingt es uns dereinst, zu sagen, wie die Teile unseres Gehirnes liegen und sich bewegen, wenn wir einen bestimmten Gedanken oder eine Empfindung haben, so ist das Ziel der Naturerklärung erreicht. Weiter können wir nicht kommen. Damit haben wir aber nach Du Bois-Reymonds Ansicht nicht begriffen, worin das Wesen unseres Geistes besteht. »Es | scheint zwar bei oberflächlicher Betrachtung, als könnten durch die Kenntnis der materiellen Vorgänge im Gehirn gewisse geistige Vorgänge und Anlagen uns verständlich werden. Ich rechne dahin das Gedächtnis, den Fluß und die Association der Vorstellungen, die Folgen der Übung, die spezifischen Talente u. dgl. m. Das geringste Nachdenken lehrt, daß dies Täuschung ist. Nur über gewisse innere Bedingungen des Geisteslebens, welche mit den äußeren durch die Sinneseindrücke etwa gleichbedeutend sind, würden wir unterrichtet sein, nicht über das Zustandekommen des Geisteslebens durch diese Bedingungen. – Welche denkbare Verbindung besteht zwischen bestimmten Bewegungen bestimmter Atome in meinem Gehirn einerseits, andererseits den für mich ursprünglichen, nicht weiter definierbaren, nicht wegzuleugnenden Thatsachen: ›Ich fühle Schmerz, fühle Lust; ich schmecke Süßes, rieche Rosenduft, höre Orgelton, sehe Rot‹, und der ebenso unmittelbar daraus fließenden Gewißheit: ›Also bin ich!‹? Es ist eben durchaus und für immer unbegreiflich, daß es einer Anzahl von Kohlenstoff-, Wasserstoff-, Stickstoff-, Sauerstoff- u. s. w. Atomen nicht sollte gleichgültig sein, wie sie liegen und sich bewegen, wie sie lagen und sich bewegten, wie sie liegen und sich bewegen werden.« Wer aber heißt Du Bois-Reymond erst aus der Materie den Geist auszutreiben, um nachher konstatieren zu können, daß er nicht in ihr ist! Die einfache Anziehung und Abstoßung des kleinsten Stoffteilchens ist Kraft, also eine von dem Stoff ausgehende geistige Ursache. Aus den einfachsten Kräften sehen wir in einer Stufenfolge von Entwickelungen sich den komplizierten Menschengeist aufbauen. Wir begreifen ihn aus diesem seinem Werden. »Das Problem von der Entstehung und dem Wesen des Bewußtseins ist nur ein spezieller Fall von dem generellen Hauptproblem: vom Zusammenhang von Materie und Kraft.« (Haeckel, Freie Wissenschaft und freie Lehre, S. 80.) Die Frage ist eben gar nicht: wie entsteht der Geist aus der geistlosen Materie, sondern: | wie entwickelt sich der kompliziertere Geist aus den einfachsten geistigen Leistungen des Stoffes: aus der Anziehung und Abstoßung? In der Vorrede, die Du Bois-Reymond zu dem Abdruck seiner »Ignorabimus-Rede« geschrieben hat, empfiehlt er denjenigen, die nicht zufrieden sind mit seiner Erklärung von der Unerkennbarkeit der tiefsten Gründe des Seins, daß sie es doch mit den Glaubensvorstellungen der übernatürlichen Weltanschauung versuchen mögen. »Mögen sie es doch mit dem einzigen anderen Ausweg versuchen, dem des Supranaturalismus. Nur daß, wo Supranaturalismus anfängt, Wissenschaft aufhört.« Aber ein solches Bekenntnis, wie das Du Bois-Reymonds, wird immer dem Supranaturalismus Thür und Thor öffnen. Denn, wo man dem menschlichen Geiste sein Wissen begrenzt, wird er seinen Glauben an Nicht-mehr-Wißbares beginnen lassen.

Es giebt nur eine Rettung aus dem Glauben an eine übernatürliche Weltordnung; und das ist die monistische Erkenntnis, daß alle Erklärungsgründe für die Welterscheinungen auch innerhalb des Gebietes dieser Erscheinungen liegen. Diese Erkenntnis kann nur eine Philosophie liefern, die im innigsten Einklänge mit der modernen Entwickelungslehre steht. |

 

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