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Zweites Bild.

Gebirgslandschaft; im Hintergrund das Haus Hilarius’, das in der Nähe des Werkes gedacht ist. Doch wird das Werk nicht gesehen. Ein Wasserfall auf der rechten Seite.

Johannes:

Der hingetürmten Formen schweigsam Sein,

es füllt den Raum, gestaltend weite Rätsel;

es tötet nicht mit Fragepein die Seele,

die nicht erkennen, die nur lebend selig

des Daseins Offenbarung schauen will.

Um diese Felsen dieses Lichtesweben,

der kahlen Flächen stummes Dasein dort,

die Wälder, grün in blau verdämmernd hier;

dies ist die Welt, in der Johannes’ Seele

sich Zukunftbilder webend, weilen will.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Johannes’ Seele soll in sich erfühlen

die Tiefen und die Weiten dieser Welt.

Und Schöpfermächte sollen dieser Seele

die Kraft entbinden, die den Weltenzauber

als kunst-verklärten Schein den Herzen kündet.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Doch nie vermöcht’ Johannes dies, wenn nicht

Maria seiner Seele Kräfte liebend

durch ihre milde Seelenwärme weckte.

Des Schicksals weise Führung muß ich preisen,

das diesem Menschen mich so nah gebracht.

Wie kurz ist doch die Zeit erst, seit ich sie

an meiner Seite weiß; wie innig banden

die wenig Wochen meiner Seele

mir ihrer Seele schon zur Lebenseinheit.

Sie lebt als Geist in mir, auch wenn sie fern;

Sie denkt in meinem Denken, wenn ich mir

des Wollen Ziele vor die Seele rufe.

(Maria erscheint wie ein Gedanke des Johannes.)

Johannes (fortfahrend):

Maria hier vor mir? Und wie ist sie ‒ ?

Sie darf nicht so vor mir sich offenbaren;

dies geistig strenge Antlitz – diese Würde,

die irdisch Fühlen frösteln macht – es will –

es kann – Johannes so Maria nicht

in seiner Nahe schauen – dies kann nicht

Maria sein, die weise Mächte mir

in milder Schicksalsfügung zugeführt.

(Maria verschwindet aus Johannes’ Schauen.)

Wo ist Maria, die Johannes liebte,

als sie noch nicht die Seele ihm verwandelt

und sie in kalte Geisteshöhn geführt?

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Doch auch Johannes, der Maria liebte,

wo ist er jetzt ‒ ? er war noch eben hier ‒.

Ich schau nicht mehr Johannes, der mich mir

so selig wiedergab – es kann, es soll

mir nicht Vergangenheit ihn grausam rauben!

(Maria wird für Johannes’ Schauen wieder sichtbar.)

Maria:

Maria, so wie du sie schauen willst,

ist sie in Welten nicht, wo Wahrheit leuchtet.

In Truges Reichen webt Johannes’ Geist

vom Seelenwahn verführt; – befreie dich

von Wunschesmächten, welche dich verlocken.

Ich fühle deinen Seelensturm in mir;

er raubt die Ruhe mir, der ich bedarf.

Es ist Johannes nicht, der solchen Sturm

in meine Seele lenkt, ein Wesen ist’s,

das er in sich vor Zeiten schon besiegt.

Als Wahn durcheilt es jetzt die Geistesweiten ‒;

erkenn’ es, und es wird als Nichts verstieben.

Johannes:

Das ist Maria, wie sie wahrhaft ist,

und von Johannes redet sie, wie er

in dieser Zeit auch wirklich sich erscheint.

Der hat sich längst zu anderm Sein erhoben,

als mir des Traumes Gaukelspiel jetzt malt,

weil ich in träger Ruhe meine Seele

in sich behaglich dämmern lassen will.

Doch noch besitzt dies Sein mein Wesen nicht.

Ich kann ihm noch entfliehn – und will es jetzt. ‒

es ruft mich oft zu sich, es will mich dann

mit seinen Kräften ganz für sich gewinnen ‒ ‒;

doch treibt es mich, von ihm mich zu befreien.

Es hat seit Jahren schon mit Geistessein

in meiner Seele Tiefen mich erfüllt;

und doch – ich will in mir es jetzt nicht wissen.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Du fremdes Wesen in Johannes’ Seele

verlaß mich, ‒ gib mich mir, wie ich einst war,

als du noch nicht in mir dich wirksam wiesest.

Ich will Johannes schauen ohne dich. ‒

(Benedictus erscheint an Marias Seite; ebenfalls als Gedanke des Johannes.)

Benedictus:

Johannes, höre deiner Seele Mahnung;

Der Mensch, der geistig dich erfüllend, dir

als deines Wesens Urgewalt erstanden,

er muß an deiner Seite treulich walten,

und von dir fordern, deines Wesens Kräfte

in deinem Wollen menschlich zu erschaffen.

Er muß verborgen in dir selber wirken,

daß du einst werden magst, was du als Ziel

des eignen Wesens fern in Zukunft weißt.

Du sollst die eignen Sorgen fest verschlossen

im Seelen-Innern mit durchs Leben tragen.

Du selbst gewinnst dich nur, wenn du von ihm

dich mutig willst stets mehr besitzen lassen.

Maria (als Gedanke von Johannes geschaut):

Mein heilig ernst Gelöbnis strahlet Kraft,

der dir erhalten soll, was du errungen.

Du findest mich in kalten Eisgefilden,

wo Geister sich das Licht erschaffen müssen,

wenn Finsternisse Lebenskräfte lähmen. ‒ ‒ ‒

In Weltengründen suche mich, wo Seelen

das Götterfühlen sich erkämpfen müssen

durch Siege, die vom Nichts das Sein ertrotzen.

Doch nimmer suche mich im Schattenreich,

wo abgelebtes Seelenleben sich

aus Wahneswesen flüchtig Sein erlistet

und Traumesgaukelspiel den Geist umspinnt,

weil er genießend sich vergessen will,

und Ernst ihm unbehaglich scheinen kann.

(Benedictus und Maria verschwinden.)

Johannes:

Sie spricht von Wahn ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ doch schön ist dieser Wahn.

Er lebt; Johannes fühlt in ihm sich selbst,

er fühlt Marias Nähe auch in ihm. ‒

Johannes will nicht wissen, wie der Geist

in dunklen Seelentiefen Rätsel löst.

Doch schaffen will er, will als Künstler wirken.

So bleibe ihm verborgen, was in ihm

bewußt nur Weltenhöhen schauen möchte.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

(Er versinkt in weiteres Sinnen.)

(Capesius erhebt sich von seinem Sitze; rüttelt sich wie aus tiefem Sinnen auf.)

Capesius:

Erlebt’ ich nicht in eigner Seele klar,

was in Johannes, der so träumend sinnt,

als Bilder seiner Sehnsucht sich erschafft?

Gedanken flammten mir im Innern auf,

die nicht aus mir; – ‒ die er nur wirken konnte.

Es lebte seiner Seele Sein in meiner. – –

Verjüngt erblickt’ ich ihn, wie er sich selbst       

durch Geisteswahn erschaut, und frevelhaft

die reifen Früchte seines Geistes schalt. – ‒

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Doch wie ! – warum erlebe ich dies jetzt?

Nur selten darf der Geistesforscher doch

Der andern Seelen Sein in sich erschauen! –

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Ich konnte oft von Benedictus hören,

daß dies nur der vermag – für kurze Zeit, –

der gnädig ausersehn vom Schicksal ist,

um eine Stufe auf dem Geistespfad

erhöht zu werden. – ‒ Darf ich so mir deuten,

was mich in diesem Augenblicke trifft?

Was selten – wahrlich nur geschehen darf;

denn furchtbar wär’s, könnt’ jederzeit der Seher

belauschen andrer Seelen Innensein.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒                             

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Ob ich die Wahrheit schaute – ob ein Wahn

von anderm Seelensein mich träumen ließ?

Ich muß es von Johannes selbst erfahren.

(Capesius nähert sich Johannes und wird jetzt von diesem bemerkt.)

Johannes:

Capesius – ich dacht’ Euch fern von hier!

Capesius:

Doch meine Seele fühlte sich Euch nahe.

Johannes:

Mir nah – in diesem Augenblick – doch nicht!

Capesius:

Warum doch schaudert Euch bei diesem Wort?

Johannes:

O nein, mir schaudert nicht – ‒ ‒

(In diesem Augenblick tritt Maria hinzu; dieses macht möglich, daß sowohl Johannes seine nächsten Worte, wie auch Capesius die seinigen, für sich sprechen können.)

Johannes (für sich):

                        – ‒ ‒ sein Blick, er trifft

in meiner Seelen Tiefen wahrhaft mich.

Capesius (für sich):

Sein Schaudern zeigt mir, daß ich wahr geschaut.

(Capesius wendet sich nun an Maria.)

Maria, Ihr erscheint zur rechten Zeit.

Es bringt vielleicht mir Euer Wort die Lösung

des ernsten Rätsels, das mich schwer bedrückt!

Maria:

Nicht Euch – ich dacht’ Johannes hier zu finden.

Die Ahnung ließ des Rätsels Last bei ihm

mich suchen; ‒ Euch jedoch wähnt’ ich befriedigt,

dem schönen Wirkensziele hingegeben,

das uns Hilarius erschließen will.

Capesius:

Dies Ziel – was soll es mir – es stört mich jetzt. –

Maria:

Es stört Euch? – zeigtet Ihr Euch nicht beglückt,

seit eurem Hoffen solcher Inhalt ward?

Capesius:

Was ich erlebt in dieser Schicksalsstunde,

es ändert meiner Seele Richtung ganz.

Es müßte jede Erdenwirksamkeit

erwachter Seherkräfte mich berauben.

Maria:

Wer Geistespfade hat beschreiten dürfen,

erlebt so mancher Schicksalszeichen Winke. –

Es wird auf Seelenwegen ihnen folgen,

doch könnten sie nicht recht gedeutet sein,

wenn sie die wahren Erdenpflichten stören.

(Capesius setzt sich: verfällt in tiefes Sinnen,

währenddessen Maria die Erscheinung Lucifers hat.)

Lucifer:

Dein Mühen wird dir wenig Früchte bringen.

In seinem Herzen regen Kräfte sich,

die mir die Tore seiner Seele öffnen.

Maria, – richte deine Seherkraft

In seiner Seele Tiefen; – schaue dort,

wie er mit Geistesschwingen sich erlöst

von eurem liebewarmen Erdenwerke.

(Lucifer bleibt in der Landschaft.)

(Maria wendet sich etwas deutlicher zu Capesius, ihn aus seinem Sinnen zu erwecken, aus dem er aber zugleich auch wie von selbst sich rüttelt):

Maria:

Wenn sich Johannes auf dem Geistespfade

gestört durch seiner Pflichten Art erfühlte,

berechtigt wär es nicht, – doch schien’s begreiflich:

er wird im äußern Dienste schaffen müssen.

Doch Ihr sollt Geisteswissen Andern künden,

und tretet so aus Eurem Seelenkreise nicht.

Capesius:

Weit mehr, als wenn sie äußre Werke schafft,

verliert die Geisteskraft im Worte sich.

Es zwingt das Wort Geschautes zu begreifen,

doch sind Begriffe Seherkräften feindlich.

Ein solches Geisterlebnis durft’ ich schauen,

das meinem Blicke sich nur zeigen konnte,

weil jene Seele, die sich mir erschloß,

zwar meinem Erdenmenschen nahe steht,

doch nie von diesem ganz begriffen ward. –

Ist mein Erlebnis wahr, so wird mich nichts

an dieses Erdenwerk jetzt binden können.

Denn fühlen muß ich dann, wie hohe Mächte

Jetzt andre Ziele meiner Seele weisen,

als sie Hilarius ihr vorgezeichnet. –

(Er stellt sich vor Johannes hin.)

Capesius:

Johannes, sagt mir frei, erfühltet Ihr

vorhin nicht abgelebte Seelenwünsche

wie Euer gegenwärtig Selbst in Euch,

als Ihr in Sinnen ganz verloren war’t?

Johannes:

So kann sich meines Geistes Wirrnis wirksam

In fremder Seele als Erlebnis schaffen?

Und Schauen macht den Irrtum stark, daß er

den Weg ins Weltenwerden finden kann?

(Johannes verfällt wieder in ein Sinnen.)

(Maria wendet den Blick zu Lucifer und hört ihn sprechen):

Lucifer:

Auch hier find ich die Seelentore offen.

Nicht säumen will ich und die Lage nutzen,

Wenn auch in dieser Seele – Geisteswunsch

Sich schafft, so muß das Liebeswerk verfallen,

das mir durch Gottgetreu gefährlich winkt.

Ich kann in ihm Marias Macht zerstören;

dann fällt, was sie vermag, an meine Kraft.

( Capesius richtet sich in diesem Augenblicke selbstbewußt auf und gewinnt innerhalb der folgenden Worte immer sicherere Stimmung.)

Capesius:

Der Zweifel flieht – ich habe wahr geschaut;

Johannes lebte, was ich sehen durfte.

So ist auch klar, daß seine Welt sich mir

nur öffnen konnte, weil die meine sich

begreifend nie der seinen nahen wollte.

Der Geistesweg verlangt nach Einsamkeit; –

zusammenwirken können Menschen nur,

die sich begreifend gegenüberstehen.

Von Menschenwesen fern erreicht die Seele,

der Lichteswelten weite Daseinskreise.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Als Vorbild zeigt sich Vater Felix mir,

er sucht auf Wegen, die den Andern fremd,

in stolzer Einsamkeit das Geisteslicht.

Und seinem Suchen ward Erfolg, – weil er

begreiflich Wesen sich stets ferne hielt.

Ihm streb ich ferner nach: und euer Werk,

das Seherkraft mit Erdensein belastet,

es wird Capesius nicht mehr verführen.

(Er geht fort.)

Maria:

So ist’s mit Menschen, wenn das bessre Selbst

in Geistesschlaf versinkt, und Wunschesmächte

sein Wesen nähren, bis Erwachen wieder

mit Licht erhellt die wahre Geistnatur.

So ist der Schlaf, den alle Menschen schlafen,

bevor die Seherkräfte sie geweckt.

Sie wissen nichts von diesem wachend Schlafen;

sie scheinen wachend – weil sie immer schlafen.

Der Seher schläft, wenn er zu diesem Wachen

aus seinem wahren Sein heraus sich drängt. –

Capesius wird uns sich jetzt entziehn.

Es zieht nicht flüchtig Wollen nur; es zieht

Sein Zustand ihn von unsern Zielen ab.

Nicht er bewirkt, daß er von uns sich wendet.

Man sieht der Schicksalsmächte strenge Zeichen.

So müssen wohl wir andren unsre Kräfte

in höhrem Maße unserm Werke widmen.

Johannes:

Maria, fordre von Johannes nicht,

daß er in dieser Zeit zu neuen Zielen

die Seele rüste, welche gleich der andern

des Geistesschlafs bedarf, daß sie die Kräfte,

die keimenden, zur Reife pflegen kann.

Ich weiß, ich werde einst für Geisteswelten

zu wirken mich erkühnen, – doch nicht jetzt

verlange, daß ich tätig sei – nicht jetzt –.

Bedenk’, daß ich Capesius vertrieb. – ‒ ‒

Wär ich zum Werke reif – er wär’ es auch.

Maria:

Capesius vertrieben? – Du – du träumst.

Johannes:

Ich träumte wissend ... ja, ich wachte träumend.

Was Schein vor Weltenmächten, – hat vor mir

als Sinnbild meiner Reife sich bezeugt.

Ich weiß recht gut, mein Wünschen war ich selbst;

und nur das Denken war ein andres Selbst.

So stand Johannes vor der Seele mir,

wie er einst war, bevor der Geist ihn faßte

und ihn erfüllte mit dem zweiten Selbst.

Er ist nicht tot; Johannes’ – ‒ ‒ Wunschesleben,

Es schafft ihn zum Genossen meiner Seele.

Ich hab ihn wohl betäubt, doch nicht besiegt.

Des eignen Daseins Rechte fordert er,

wenn jenes Selbst – ‒ ‒ in Schlaf versinken muß.

Und immer wachen – das vermag es nicht.

So schlief es auch zu jener Zeit, in der

Capesius in sich erleben konnte,

wie mich der andre aus mir selbst gerissen.

So ward mein Träumen ihm zum Schicksalswink.

So wirkt in mir und nicht in ihm die Kraft,

die ihn vertrieben hat, – die uns verbietet,

den Geist zum Erdenwirken hin zu lenken.

Maria:

Die Geisteskräfte kommen – rufe sie. –

In Geistesweltengründen lenk’ den Blick,

und warte, bis die Kräfte in den Tiefen

empfinden, was in deinem eignen Selbst

mit ihrem Wesen wahlverwandt sich regt.

Sie zaubern dir vor deine Seheraugen,

was sie und dich zur Einheit werden läßt.

Verbanne eignen Sinnes störend Sprechen,

so spricht der Geist in dir mit Geisteswesen;

und diesem Geistersprechen höre zu.

Es trägt dich zu den Lichtessphären hin,

und bindet dich an Geisteswesenheit.

Was dir aus abgelebten Zeiten dämmert,

erscheint dir dann im Weltenlichte deutlich;

und zwingt dich nicht, weil du es lenken kannst.

Vergleich’ es mit der Elemente Wesen,

mit Schatten und mit Schemen aller Art,

und stell’ es neben mancherlei Dämonen,

und so erfahre, was es wirklich gilt.

Doch dich ergründe in der Geister Reich,

die Urbeginn verbinden anderm Urbeginn,

und Weltenkeimeskräfte nah sich wissen

und Sphärenzielgedanken Richtung weisen.

Es wird dich solche Weltenschau erkraften,

daß du im Geistgewoge dir das Sein

im Seelenkerne wesenhaft vereinst.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

So heißt der Geist mich selber dir zu künden;

nun höre jetzt, was dir bewußt, doch nicht

vermählt bisher in Seelentiefen ist.

Johannes (deutlich zeigend, daß er zu starkem Entschluß sich aufrafft):

Ich will es hören, – will mir selber trotzen.

(Von beiden Seiten kommen Elementargeister. Von links gnomenartige Wesen. Sie haben stahlgraue, den Menschen gegenüber kleine Gestalten; sie sind fast ganz Kopf, doch ist dieser vorn übergebeugt. Sie haben lange, bewegliche, zu Geberden geeignete, zum Gehen ungeschickte Gliedmaßen. Von rechts kommen sylphenartige, schlanke, fast kopflose Gestalten; ihre Füße und Hände sind ein Mittelding zwischen Flosse und Flügel; ein Teil von ihnen ist blaugrün, der andere Teil ist gelbrötlich. Bei den gelbrötlichen ist die Gestalt mir schärferen Konturen begabt; bei den blaugrünen unbestimmter. Die Worte, welche diese Gestalten sprechen, werden mit ausdrucksvollen, bis zum Tanze sich gestaltenden Geberden vorgebracht.)

Gnomengeisterchor:

Wir härten, wir kraften

das Stoffesstaubgeflimmer,

wir lockern, wir pulvern

erstarrtes Krustengeschiebe;

wir stäuben flink das Feste

und festen langsam Lockres

mit unsern Leibesgeistern,

gewoben aus Verstandesstoff,

der klug schon vollends war,

als Menschenseelen schlafend

in Erdenurbeginnen träumten.

Sylphengeisterchor:

Wir weben, wir fasern

das Wasserluftgewobe;

wir trennen, wir sprengen

belebte Sonnensamenkräfte;

Wir dichten sorglich Lichtesmächte,

wir nichten weise Früchtekräfte

mit unsren Seelenleibern,

erfließend aus Empfindungsstrahlen,

die ewig lebend glimmern,

daß Menschenwesen lebend

des Erdenwerdens Sinn genießen.

Gnomengeisterchor:

Wir lachen, wir kichern,

wir spotten, wir grinsen,

wenn Menschensinne holpernd,

und Menschengeister stolpernd

von uns Erzeugtes schauen

und weise zu verstehen glauben,

was Geister unsrer Weltenzeiten

vor ihre dummen Augen zaubern.

Sylphengeisterchor:

Wir sorgen, wir pflegen,

wir fruchten, wir geistern,

wenn Menschenkinder lebendämmernd

und Menschengreise irrtumwebend

an unserm Werke zehren,

und kindlich oder greisenhaft

Im Zeitenstrome dumpf genießen,

was wir in Ewigkeiten sinnen.

(Diese Geisteswesen bewegen sich,  wie in zwei Knäuel sich zusammenfindend, gegen den Hintergrund und bleiben dort sichtbar. Vor links erscheinen die drei Seelenkräfte; Philia, Astrid, Luna mit der »andren Philia«.)

Philia:

Sie strahlen die Helle

als liebende Lichte

in seliges Reifen,

sie wärmen gelinde

und hitzen gewaltig,

wie Werdendes will

zu wirkendem Sein;

daß wirkendes Sein

entzücke die Seelen,

die liebend sich geben

dem strahlenden Licht.

Astrid:

Sie weben das Leben

als schaffende Helfer

In quellende Wesen;

sie sprengen die Erden

und dichten die Lüfte,

daß Wandel sich zeige

im strebenden Schaffen;

daß strebendes Schaffen

beglücke die Geister,

die webend sich fühlen

im schaffenden Leben.

Luna:

Sie drücken bedächtig

als tätige Schöpfer

die bildsamen Stoffe;

sie schärfen die Kanten

und glätten die Flächen,

daß sinnvoll sich bauen

die ragenden Formen;

daß ragende Formen

begeistern den Willen

zu sinnvollem Bauen

als tätiger Schöpfer.

Die andre Philia:

Sie pflücken die Blüten

als sorglose Nutzer

in zauberndem Wirken;

sie träumen das Wahre,

sie wahren den Wahn;

daß schlafendes Keimen

sich wecke zum Leben;

und wachendes Träumen

enthülle den Seelen

verzaubertes Weben

des eigenen Wesens.

(Diese vier Seelenkräfte  verschwinden nach der rechten Seite; Johannes, der während der vorhergehenden Vorgänge in tiefem Sinnen war, erhebt sich daraus.)

Johannes:

»Und wachendes Träumen

enthülle den Seelen

verzaubertes Weben

des eigenen Wesens.«

Das sind die Worte, die noch deutlich klingen

In meiner Seele –, was ich vorher schaute,

in Wirrnis zog es aus der Seele fort. – ‒

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Doch welche Kraft erregt sich mir, wenn ich bedenke:

Verzaubertes Weben

des eigenen Wesens –

(Er verfällt wieder in Sinnen; es erscheint vor ihm als seine Gedankenform eine Gruppe, bestehend aus: dem Geist von Johannes’ Jugend, Lucifer links von diesem, Theodora’s Seele rechts.)

Der Geist von Johannes’ Jugend:

Es nähret deiner Wünsche Sein mein Leben,

mein Atem schlürfet deiner Jugend Träume;

ich bin im Sein, wenn du nicht dringen willst

in Welten, welche ich nicht finden kann.

Verlierst du mich in dir, muß ich in Schmerzen

den grausen Schatten schlimme Dienste leisten – ‒;

du Pfleger meines Seins, – ‒ ‒ verlaß mich nicht. –

Lucifer:

Er wird dich nicht verlassen, – ich erschaue

in seines Wesens Tiefen Lichtbegierden,

die nicht Marias Spuren folgen können. – ‒

Wenn diese mit dem Glanz, den sie erzeugen,

Johannes’ Schöpferseele voll erleuchten:

Wird er die Früchte, die sie zeugen müssen,

in jenem Reiche nicht vergeuden können,

wo Liebe ohne Schönheit herrschen will.

Ihm wird das Selbst dann nicht mehr wertvoll scheinen,

das seine besten Kräfte in den Schatten

durch Wissensüberschätzung werfen will.

Wenn Weisheit leuchten wird in seinen Wünschen,

wird ihm ihr Wert sich herrlich offenbaren;

er kann gering so lange nur sie schätzen,

als sie im Seelendunkel noch sich halten.

Bis sie das Weisheitslicht erreichen können,

will ich dich treulich pflegen – durch das Licht,

das ich in Menschenseelengründen finde.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Noch fehlt Erbarmen ihm für deine Leiden,

er läßt dich stets ins Schemenreich versinken,

wenn er in deine Lichteshöhen strebt.

Vergessen kann er dann, daß du, sein Kind ‒,

ein schmerzlich Zauberdasein führen mußt.

Doch künftig wirst du mich zur Seite haben,

wenn du als Schatten frierst durch seine Schuld.

Ich will mit jenem Recht, das Lucifer

(bei dem Worte »Lucifer« zuckt der Geist von Johannes’ Jugend zusammen.)

aus alter Welten Satzung sich bewahrt,

in seiner Seele Tiefen mir erbeuten,

was er im Geistesfluge unbehütet läßt.

Ich bring dir dann den Schatz, der dir erleichtert

des Schattenreiches finstre Einsamkeit.

Doch wirst du völlig erst entzaubert sein,

wenn er mit dir sich wieder einen kann.

Verschieben kann er dies, ‒ ‒ verhindern nicht.

Denn Lucifer will seine Rechte wahren.

Theodora:

Du Geisteskind, du lebst Johannes’ Jugend

in finstern Schattenreichen. – Liebend neigt

sich dir die Seele, die Johannes schützt,

aus lichterfüllten, liebewarmen Reichen.

Erlösen will sie dich aus Zauberkreisen,

wenn du von ihrem Fühlen nehmen willst,

was dir ein Sein in Seligkeit erwirbt.

Ich will den Elementen dich verbünden,

die unbewußt in Weltenweiten wirken,

und stets dem Seelenwachen sich entziehen.

Du kannst mit Erdengeistern Formen bilden,

und mit den Feuerseelen Kräfte strahlen,

wenn du dein wissend Sein dem Willen opferst,

der ohne Menschenweisheit lichtvoll kraftet.

Du wirst das Wissen, das nur halb dein eigen,

vor Lucifer bewahren, und Johannes

die Dienste leisten, die ihm wertvoll sind.

Ich will aus seinem Seelensein dir holen,

was ihn nach deinem Sein bedürftig macht,

und ihm den Geistesschlaf erfrischend reicht.

Lucifer:

Sie wird dir Schönheit niemals schenken können,

weil ich sie ihr zu nehmen mich erkühne.

Theodora:

Ich will aus edlem Fühlen Schönheit keimen –

Und an dem Opferdienste reifen lassen.

Lucifer:

Sie wird dem freien Wollen dich entreißen

und Geistern schenken, die im Finstern walten.

Theodora:

Ich werde geisterfülltes Schauen wecken,

das frei auch noch von Lucifer sich weiß.

(Es verschwinden Lucifer, Theodora und der Geist von Johannes’ Jugend. Johannes, aus seinem Sinnen erwachend, sieht die »andre Philia« an sich herankommen.)

Die andre Philia:

Und wachend Träumen

Enthüllet den Seelen

Verzaubertes Weben

Des eigenen Wesens.

Johannes:

Du rätselvoller Geist, ‒ durch deine Worte

betrat ich diese Welt! ‒ ‒ Von ihren Wundern

ist nur das Eine ‒ ‒ meiner Seele wichtig:

ob lebend wesenhaft in Geistesreichen

der Schatten weilt, der mir mit Theodora

und Lucifer sich offenbaren wollte?

Die andre Philia:

Er lebt, ‒ er ist zum Schein durch dich erweckt.

Wie alles sich im Spiegel bildhaft zeigt,

was Licht auf seine Flächen strahlen läßt,

so muß, was du in Geisterreichen schaust,

bevor die volle Reife dir das Recht

zu solchem Schauen gibt, ‒ sich lebend spiegeln

im Reich der halberwachten Schattengeister.

Johannes:

Es ist nur Bild, was so durch mich sich spiegelt?

Die andre Philia:

Doch Bild, das lebt und sich im Leben hält,

so lang du noch ein abgelebtes Sein

in dir bewahrst, das du betäuben zwar,

doch jetzt fürwahr noch nicht besiegen kannst. –

Johannes, dein Erwachen bleibt ein Wahn,

bis du den Schatten selbst erlösen wirst,

dem deine Schuld verzaubert Leben schafft.

Johannes:

Wie dank ich diesem Geist, der wahren Rat

in meine Seele bringt ‒ ‒ ich muß ihm folgen.

(Der Vorhang fällt langsam, während »die andre Philia« und Johannes in ruhiger Gebärde stehen bleiben.)

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