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Elftes Bild.

 

Dasselbe Zimmer wie in den beiden vorigen Bildern. Benedictus und Strader treten in das Zimmer.

Strader:

Ihr sprachet ernste und Maria auch

sehr harte Worte, als ihr beide mir

am Abgrund meines Lebens euch gezeigt.

Benedictus:

Ihr wisst, die Bilder sind nicht wesenhaft;

der Inhalt ist’s, der zu der Seele dringen

und sich im Bilde offenbaren will.

Strader:     

Doch hart war, was aus diesen Bildern sprach:

»Wo ist dein Licht? ‒ Du strahlest Finsternis,

Du schaffst ins Licht die wirre Finsternis.»

So sprach, als Bild Marias, doch der Geist.

Benedictus:

Da Ihr Euch auf der Bahn des Geistes

um eine Stufe höher hobt, deshalb bezeugte

der Geist, der Euch zu sich empor geführt,

was Ihr vorher erreicht, als Finsternis.

Marias Bild hat dieser Geist gewählt,

weil eure Seele ihn Euch so gestaltet.

Mein lieber Strader, mächtig waltet jetzt

der Geist in Euch; er führt in raschem Fluge

zu hohen Seelenstufen Euch hinan.

Strader:     

Und doch, es klingt ganz furchtbar meiner Seele:

»Weil du zu feige bist, dein Licht zu strahlen.«

Auch dieses sprach der Geist in jenem Bilde.      

 

Benedictus:

Es mußte Euch der Geist doch feige nennen.

Weil eurer Seele wahrlich feige ist,

was für gering’re Seelen Tapferkeit.

Im Fortschritt wird, was früher mutig war,

zur Feigheit, die zu überwinden ist.

Strader:

O, wie berühren diese Worte mich!

Romanus sprach mir jüngst von seinem Plane.

Ich sollte nicht mit Euch vereint das Werk

vollführen, sondern ohne Eure Hilfe.

Er wäre dann bereit, Hilarius

mit allem, was er habe, beizustehn. ‒

Auf meinen Einwand hin, daß ich das Werk

von eurem Kreise niemals trennen werde,

erklärte er, daß dann das weitre Mühen

vergeblich sei. Romanus unterstützt

den Widerstand, den Gottgetreus Gefährte

dem Plane bietet, ohne den mein Leben

mir wahrhaft völlig wertlos scheinen muß.

Ich sehe, da die beiden Männer mir

das Tatenfeld entreißen, nichts vor mir

als Leben, dem die Luft zum Leben fehlt.

Daß jetzt mein Geist nicht flügellahm sich zeige,

bedarf ich jener Tapferkeit, von der

ihr eben spracht. ‒ Ob ich jedoch dazu

mich stark genug auch zeigen werde, dies

vermag ich nicht zu sagen, denn ich fühle,

wie sich die Kraft, die ich entfesseln will,

zugleich auch gegen mich verderblich wendet.

Benedictus:

Maria und Johannes sind im Schauen

seit kurzem fortgeschritten; was sie noch

vorher gehindert, von dem Mystenleben

den Schritt ins Sinnensein zu tun, es ist

nicht mehr vorhanden; Ziele werden sich

im weitern Zeitverlauf für Euch und sie

gemeinsam finden. ‒ Nicht als Führer, doch

als Kräfteschöpfer gilt das Wort des Mysten:

Es wird geschehen, was geschehen muß.

Deshalb erwarten wir in Wachsamkeit,

in welcher Art der Geist die Zeichen weist.

Strader:     

Zum Bilde schuf sich mir vor kurzer Zeit,

was mir als Schicksalswink erscheinen muß.

Ich war in einem Schiff; am Steuer Ihr;

besorgen mußte ich das Ruderwerk;

Maria und Johannes fuhren wir

an ihre Wirkensstätte; da erschien

ganz nah’ an uns ein andres Schiff; in ihm

Romanus mit dem Freunde Gottgetreus.

Sie stellten sich uns feindlich gegenüber.

Ich kämpfe gegen sie; ‒ im Kampfe trat

dann Ahriman an ihrer Seite auf.

Noch schaut’ ich mich im harten Kampf mit ihm,

zur Seite trat mir helfend Theodora.

Dann schwand das Bild aus meinem Geisteskreis. ‒

Ich wagte vor Capesius und Felix

einmal das Wort: Ertragen würd’ ich leicht

den Widerstand, der meinem Werke jetzt

von aussen droht; wenn auch an ihm mein Wollen

zerschellte, ‒ ich vermöchte mich zu halten. ‒

Ob jenes Bild mir jetzt bedeuten will,

daß äussrer Widerstand der Ausdruck ist

für innren Kampf ‒ für Kampf mit Ahriman?

Bin ich für diesen Kampf denn auch gerüstet?

Benedictus:

Mein Freund, ich kann in Eurer Seele schauen,

daß dieses Bild noch nicht Euch voll gereift.

Ich fühle, Ihr vermögt’ die Kraft zu stärken,

die Euch dies Bild vor Geistesaugen stellte. ‒

Empfinden kann ich auch, daß Ihr für Euch

und auch für eure Freunde Kräfte schafft,

wenn Ihr die Stärkung recht erstreben wollt.

Erfühlen kann ich dies; doch wie es sich

vollziehen wird, verbirgt sich meinem Schauen.

(Vorhang fällt.)

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