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Erstes Bild.

 

Ein Saal in indigoblauem Grundton. Er ist als Vorsaal gedacht zu den Räumen, in denen ein Mystenbund seinen Arbeiten obliegt. In freier Unterredung sind zwölf Personen anwesend, welche in der einen oder andern Art an den Bestrebungen des Mystenbundes Interesse nehmen. Ausserdem: Felix Balde und Dr. Strader. Die Bilder stellen Ereignisse dar, welche etwa dreizehn Jahre nach der Zeit liegen, in welcher die »Pforte der Einweihung« spielt.

 

Ferdinand Reinecke:

Es ist ein sonderbarer Ruf fürwahr,

der uns in dieser Stunde hier vereint.

Er geht von Menschen aus, die, stets getrennt

von allen andern Erdenkindern, sich

besondrer Geistesziele würdig glauben.

Doch jetzt soll deutlich sich im Weltenplane

für ihre Geistesaugen schauen lassen,

daß sie mit Menschen sich verbinden müssen,

die ohne Weihe ihres Geistestempels

den Lebenskampf durch eigne Kräfte führen.

Mich zog es nie zu solcher Geistesart,

die zum Geheimnis ihre Zuflucht nimmt.

Ich möchte an gesundes Denken nur

und an gemeinen Menschensinn mich halten.

Es wird der Geistesbund, der jetzt uns ruft,

zu Eingeweihten seiner höchsten Ziele

durch diesen Ruf uns nicht erheben wollen.

Er wird in mystisch dunklen Wortgebilden

in seines Tempels Aussenraum uns halten,

und unsre Kräfte nur als Volkesstimme

zur Stärkung seines Wollens klug gebrauchen.

So sollen wir bloß blinde Helfer werden

den Menschen, die herab von Geistes-Höhen

zu uns mit Führermiene blicken wollen.

Sie würden uns als reif nicht gelten lassen,

um einen Schritt auch nur zu tun, der uns

zu ihres Weihetempels wahren Schätzen

und ihrem Geisteslichte führen könnte.

Betrachte ich des Bundes wahres Wesen,

erscheint mir Hochmut nur und Geistestrug

im Demutkleid und im Prophetenmantel.

Am besten wär’ es wohl, zu meiden alles,

was hier als Weisheit sich uns geben will.

Auf daß jedoch der Schein vermieden werde,

als ob wir ohne Prüfung widerstrebten

dem Werk, das man so hoch zu preisen weiß,

so möchte ich euch raten, erst zu hören,

was dieser Weisheitsträger Absicht ist,

und dann zu folgen rechtem Menschensinn.

Wer solchen Sinn in sich zum Führer wählt,

er wird der Lockung nicht verfallen können,

die aus dem Mystagogentempel kommt.

Michael Edelmann:

Welch Geistesschatz den Menschen anvertraut,

die jetzt die Brücke zu uns finden wollen,

ich weiß es nicht, ich ahn’ es nicht einmal.

Doch kenne ich gar manchen edlen Mann,

der sich zu diesem Geistesbunde zählt.

Sie halten streng geheim den Wissensquell,

der ihren Seelen offenbar soll sein;

Doch ihre Taten und ihr Leben künden,

daß gut der Quell muß sein, aus dem sie schöpfen.

Und alles, was aus ihren Kreisen stammt,

es trägt der wahren Liebe Wesenszüge.

So wird auch gut wohl sein, was sie bewog,

zu ganz besondrem Werke sich zu schließen

an Menschen, welchen Mystenwege fremd,

vertraut jedoch der Seele Wahrheitstriebe

und echten Geisteslebens Ziele sind.

Bernhard Redlich:

Es scheint mir Vorsicht hier die nächste Pflicht.

Die Mysten finden wohl die Zeiten nahe,

die ihrer Herrschaft Ende bringen müssen.

Es wird Vernunft in Zukunft wenig fragen,

wie Weihetempel über Wahrheit schwärmen.

Wenn Ziele solcher Art der Bund uns nennt,

die klug erscheinen allgemeinem Denken,

so ist’s vernünftig, sich an ihn zu schliessen.

Doch ist’s an ihm, der Mystik Kleid zu meiden,

wenn er die Pforte überschreiten will,

die seine Stätte von der andern Welt

wie ein erhabnes Lichtgebiet verschliesst.

Denn dieser Welt wird wenig nur bedeuten,

was seine Diener vor sich selber gelten.

Sie werden höher nicht geachtet werden,

als allgemeinem Urteil sie erscheinen.

Franziska Demut:

So manches, was ich hier vernehmen muß,

es klingt wie jener Menschen Worte mir,

die blind sind für das wahre Geisteslicht,

das lange schon die edlen Weisheitsstrahlen

aus Weiheorten in die Aussenwelt

zum Trost und Heil der Seelen strömen ließ.

Nur wer von diesem Licht sein Herz erleuchten

und seine Seele warm durchdringen ließ,

nur der erkennt der Stunde rechten Wert.

Sie soll eröffnen ernster Mystik Reich

auch solchen Menschen, die zu schwach sich fühlen,

das Geisteslicht nach schwerer Seelenprüfung

in hohen Weiheorten zu empfangen.

Maria Treufels:

Daß jetzt so manches sich wird wandeln müssen

in Seelen, die zu folgen sind bestrebt

der Führung in des Menschen Erdenlauf,

das offenbaren viele sichre Zeichen.

Doch wenig spricht dafür, daß Mystenwege

zu jenen Zielen führen können,

die Menschenseelen starke Kräfte bringen.

Mich dünkt, daß unsre Zeiten Führer heischen,

die im Gebrauch naturgemässer Kräfte

Genie mit Fertigkeit vereinen können

und die also am Erdenwerke schaffend

sich selbst im Weltenwesen zweckvoll fühlen.

Daß sie im Mutterboden echter Wirklichkeit

die Wurzeln suchen auch für Geisteswerke,

wird solche Menschen fern von Schwärmerei

den Weg des Menschenheiles wandeln lassen.

Von solcher Meinung mich durchdrungen fühlend,

erkenne ich in Doctor Straders Wesen

die Kräfte, die zur Seelenführerschaft

sich besser wahrlich als die Mysten eignen.

Wie lange hat man schmerzlich fühlen müssen,

daß durch der Technik wunderbares Schaffen

dem freien Geistestrieb der Menschenseele

so manche Fessel aufgezwungen wurde.

Doch jetzt eröffnet eine Hoffnung sich,

von der vor kurzem niemand träumen konnte.

In Straders Arbeitsstätte finden sich

im Kleinen schon die Wunderwerke wirksam,

die bald im Großen alle Technik umgestalten

und sie von jener Schwere lösen werden,

die heute noch auf viele Seelen drückt.

Doctor Strader:

Es ward soeben hoffnungsvoll gesprochen

von jenem Werk, das mir gelungen scheint.

Zwar muß es noch die Brücke überschreiten,

die vom Versuch zur Lebenspraxis führt,

doch kann des Kenners Blick bis jetzt nur finden,

daß alles technisch möglich sich erweist.

Es möge hier dem Finder dieses Werkes

gestattet sein, die Meinung frei zu sagen,

die er von seiner Leistung hegt.

Verziehen mögen ihm die Worte sein,

die unbescheiden manchem scheinen werden,

und die doch nur Gefühle schildern wollen,

aus welchen Kräfte ihm zum Werke flossen.

Es zeigt sich in des Menschen Erdenlauf,

daß alles Wirken von Gefühl und Seele

sich löst, und seelenlosem Sein verfällt,

je mehr der Geist die Kräfte meistern lernt,

die er im Sinnenreiche finden kann.

Mechanisch fliesst mit jedem Tage mehr

die Arbeit hin, die Lebenswerte schafft,

und mit der Arbeit auch das Leben selbst.

Man hat gar vieles sorgsam wohl erdacht,

was wahrhaft wirksam sich erweisen könnte,

daß kalter Technik Art und Arbeitsform

nicht lähmend für des Menschen Seelenleben

und für die wahren Geistesziele werden.

Nur wenig ward erreicht durch dieses Streben,

dem nur die eine Frage wichtig schien,

wie Menschen sich zu Menschen stellen sollen.

Auch ich verbrachte manche ernste Stunde

mit Sinnen über dieses Lebensrätsel.

Doch fand ich stets, daß meines Sinnens Frucht

von wahren Lebenswerten nichts enthielt.

Schon nahe fühlt’ ich mich der bittern Meinung,

es sei im Weltenschicksal vorbestimmt,

daß sich der Siegeszug im Stoffgebiet

der Geistentfaltung feindlich zeigen müsse.

Es brachte, was ein Zufall scheinen könnte,

mir aus des Denkens Wirrnis die Erlösung.

Als ich Versuche anzustellen hatte,

die solchen Fragen wahrlich ferne lagen,

entrangen sich ganz plötzlich meiner Seele

Gedanken, die den rechten Weg mir wiesen.

Es reihte dann Versuch sich an Versuch,

bis endlich der Zusammenklang von Kräften

auf meinem Arbeitstische sich ergab,

der einst in seiner vollen Ausgestaltung

rein technisch jene Freiheit bringen wird,

in welcher Seelen sich entfalten können.

Nicht weiter wird man Menschen zwingen müssen,

in enger Arbeitsstätte würdelos

ihr Dasein pflanzenähnlich zu verträumen.

Man wird der Technik Kräfte so verteilen,

daß jeder Mensch behaglich nutzen kann,

was er zu seiner Arbeit nötig hat,

im eignen Heim, das er nach sich gestaltet.

Ich mußte erst von dieser Hoffnung reden,

um nicht ganz unbegründet vorzubringen,

was ich zu jenem Ruf zu sagen habe,

den jetzt des Rosenkreuzes Bruderschaft

an Menschen ausser ihrem Kreise richtet.

Wenn Menschenseelen sich erst voll entfalten

und in dem eignen Wesen finden können,

dann werden jene Triebe herrlich wirken,

die Geist zum Geiste ewig streben lassen.

Drum zeigt nur der ein rechtes Denken jetzt,

der anerkennen will, wie jener Ruf

den Zeichen wohl entspricht, die wir vernehmen.

Die Geistesbrüder wollen hohe Schätze

in Zukunft allen Menschen frei gewähren,

weil alle Menschen sie verlangen müssen.

Felix Balde:

Die Worte, welche eben hier gesprochen,

sie haben einer Seele sich entrungen,

die unsre Zeit mit wahren Lebenswerten

im Reich des Sinnenseins beschenken durfte.

Es kann auf diesem Felde sich wohl niemand

mit Doctor Strader heute messen wollen.

Nun hab’ ich selbst auf völlig andren Wegen

gefunden, was der Seele nötig ist.

Drum wolle man auch mir ein Wort verstatten.

Mich hat das Schicksal deutlich hingewiesen,

die Schätze aufzusuchen, die dem Menschen

im Innern seiner Seele sich erschliessen.

Und dort schien mir das Weisheitslicht zu finden,

das Lebenswerte recht beleuchten kann.

Der Mystik Schülerschaft ward mir geschenkt

in Einsamkeit und durch Beschaulichkeit.

Und lernen konnte ich auf solchem Wege,

wie alles, was den Menschen jetzt zum Herrscher

im Kräftereich der Sinne machen will,

doch nur zum blinden Wesen ihn gestaltet,

das seine Bahn durch Finsternisse nimmt.

Und auch die Wissensschätze, die dem Stoffe

durch Sinnes- und Vernunftgebrauch entbunden,

sie sind ein Tasten nur in dunklen Reichen.

Ich weiß, wie Mystenpfade nur allein

zum wahren Lebenslichte führen können.

Ich selber stand auf solchen Wahrheitswegen,

als Mensch, der ohne fremde Hilfe strebte;

doch ist dies nicht der ganzen Menschheit möglich.

Das Sinneswissen und Verstandesdenken,

sie gleichen einem Leibe wahrlich nur,

der ohne Seeleninhalt bleiben muß,

wenn er sich trotzend widersetzen will

dem Licht, das seit dem Erdenurbeginn

in Weihestätten wahrer Mystik strahlet.

Drum sollte liebevoll ergriffen werden

die Hand, die jetzt sich aus dem Tempel bietet,

an dessen Schwelle helle Lichtesrosen

bedeutungsvoll des Todes Sinnbild zieren.

Luise Fürchtegott:

Ein Mensch, der seiner Seele Würde fühlt,

der kann das eigne Urteil nur berufen,

wenn er von Geist und Geisteswelten wissen

und sich in ihnen wahrhaft finden will.

Sich selbst verlieren muß, wer äussrer Führung

in blindem Glauben sich ergeben kann.

Ja selbst das Licht, das man im eignen Innern

als Kraft der höhern Weisheit fühlen möchte,

verdient des Geistes Anerkennung nur,

wenn seine Wahrheit sich beweisen lässt.

Gefährlich kann das Licht dem Menschen werden

wenn er beweislos ihm sich neigen will.

Denn allzuoft erscheint auf diesem Wege

der Seele nur als Bild des Weltengrundes,

was ihrem unbewußten Wunsch entspringt.

Friedrich Geist:

Es sollte jeder Mensch den Trieb verspüren,

der Mysten Wege wirklich zu verstehn.

Mir scheint, daß Wahn statt Wahrheit finden muß,

wer schon, bevor er strebt, des Strebens Ziel

in seiner Seele vorgebildet hat.

Vom Mysten aber wird gesagt, daß er

zu seinem Wahrheitsziele sich verhält

wie Menschen, welche eines Fernblicks Schönheit

von eines Berges Gipfel schauen wollen.

Sie warten, bis sie oben angelangt,

und malen sich nicht vorher schon das Bild,

zu dem sie ihre Wandrung führen soll.

Ferdinand Reinecke:

In dieser Stunde wollen wir nicht fragen,

wie sich der Mensch zur Wahrheit stellen soll.

Die Bundesbrüder werden ganz gewiß

von uns nicht solche Dinge hören wollen.

Es ist ja schon zu meinem Ohr gedrungen,

daß ein Ereignis ganz besondrer Art

den Bund gezwungen hat, an uns zu denken.

 Thomasius, der schon vor vielen Jahren

in einer Geistesströmung sich befand,

die Mystenzielen sich ergeben hatte,

er hat verstanden, solche Wissensformen,

zu welchen unsre Zeit Vertrauen hat,

als Mantel umzuhängen jener Weisheit,

die Eingeweihten sich erschliessen soll.

Durch diesen Vorgang ist es ihm gelungen,

in weiten Kreisen Beifall zu erzwingen

für Schriften, die den Schein der Logik borgen

und doch nur Mystenschwärmerei enthalten.

Selbst Forscher, die als ernst uns gelten müssen,

begeistern für des Mannes Botschaft sich

und tragen so zu seinem Ruhme bei,

den man gefährlich wachsen sehen muß.

Die Eingeweihten fürchten diese Wirkung,

da sie die Meinung doch zerstören muß,

nur ihnen sei die Weisheit übergeben.

Deshalb erstreben sie, in Schutz zu nehmen,

was durch Thomasius verbreitet wird.

Erwecken wollen sie den Schein, als ob

seit langen Zeiten sie vorher gewußt,

daß diese Botschaft jetzt der Welt erscheinen

und ihrem Werke planvoll dienen müsse.

Gelingt es ihnen, uns in dieser Stunde

in ihre Kreise listig einzufangen,

so werden sie der Welt wohl offenbaren,

es sei Thomasius mit seiner Botschaft

von Schicksalsmächten weise ausgesandt,

daß auch gemeinem Menschensinn der Glaube

an ihre Weltbedeutung kommen müsse.

Caspar Stürmer:

Daß diese Mystenschule immer noch

so kühn die Menschenführung fordern will,

es zeigt, wie wenig Achtung sie empfindet

vor allem, was gesunder Menschensinn

dem wahren Menschenheil erobern konnte,

seit als bewiesen gelten kann, daß rein mechanisch

Natur und Seele zu erklären sind.

Und recht bedrückend ist es freiem Denken,

daß ein so heller Kopf wie Doctor Strader

dem Mystenwahn geneigt sich zeigen kann.

Wer so den Kräftemechanismus meistert,

der sollte doch der Einsicht nicht ermangeln,

wie nötig auch der Seelenwissenschaft

Vernichtung aller Mystik sich erweist.

Er sollte an der falschen Wissenschaft,

die jetzt Thomasius der Welt verkündet,

ersehen wie der grösste Scharfsinn selbst

der wilden Phantasie sich fügen kann,

sobald er jenem Wahn zum Opfer fällt.

Wenn statt durch Mystenkunst Thomasius

durch strenge Zucht naturgemässen Denkens

sich für sein Schaffen vorbereitet hätte,

es wäre ihm gewiß durch seine Gaben

manch edle Wissensfrucht herangereift.

Auf seinem Wege aber konnte nur

verhängnisvoller Irrtum sich entfalten.

Dem Geistesbunde kann ein solcher Irrtum

für seine Ziele wohl recht nützlich dünken.

Er findet Anerkennung durch den Schein,

als habe Wissenschaft nun streng bewiesen,

was Menschenseelen als Erkenntnis träumen.

Georg Wahrmund:

Wenn jemand solche Worte sprechen kann,

wie man sie eben schmerzlich hören mußte,

So zeigt sich deutlich, wie gering entwickelt

in unsrer Zeit noch jene Einsicht ist,

die aus dem Gang des Geisteslebens fliesst.

Man wende doch den Blick zur Vorzeit hin,

und prüfe, was in Menschenseelen lebte,

bevor die Wissenschaft, die jetzt erblüht,

auch nur als Keim sich offenbaren konnte.

Man wird dann finden, daß der Mystenbund

in dieser Stunde eine Tat vollbringt,

die vorgezeichnet ist im Weltenplane.

Erwarten mußte man das große Werk,

das jetzt Thomasius gelungen ist.

Der Weg ist neu, auf dem das Geisteslicht

in ihm der Menschenseele leuchten soll.

Doch wirkte dieses Licht in allem schon,

was Menschen je auf Erden schaffen durften.

Wo aber war die Quelle dieses Lichtes,

das, unbewußt den Seelen, leuchten konnte?

Es weisen alle Zeichen auf die Mystik,

die in den Weiheorten heimisch war,

bevor Vernunft die Menschen lenken durfte.

Der Geistesbund, der uns berufen hat,

er will der Mystik Licht erstrahlen lassen

auf jenes Werk, das aus dem Menschendenken

die Geist-Erkenntnis kühn erstreben will.

Und wir, die jetzt an diesem Weiheorte

in schicksalsschwerer Stunde weilen dürfen,

wir sollen als die ersten Ungeweihten

den Gottesfunken überspringen sehen

von Geisteshöhen zu den Seelentiefen.

Marie Kühne:

Thomasius bedarf des Schutzes nicht,

der ihm vom Rosenkreuze zugedacht,

wenn er in wissenschaftlich ernster Art

den Seelenweg durch viele Erdenleben

und durch die Geistgebiete zeichnen kann.

Durch diese Tat ist jenes Höhenlicht,

zu dem die Mystentempel führen sollen,

auch jenen Menschen offenbar geworden,

die solcher Orte Schwelle meiden müssen.

Thomasius gebührt die Anerkennung,

die er so reichlich schon gefunden hat,

weil er dem Denken jene Freiheit gab,

die Mystenschulen ihm verwehren wollen.

Hermine Hauser:

Die Rosenkreuzer werden künftig nur

im Menschenangedenken leben können.

Was sie in diesem Augenblicke rufen,

das wird des Tempels Gründe untergraben,

wenn es der eignen Kraft bewußt sich wird.

Sie wollen mit Vernunft und Wissenschaft

die Weihestätten künftig kühn vereinen.

Drum wird Thomasius, dem sie so willig

in dieser Stunde ihren Tempel öffnen,

der Nachwelt als ihr Überwinder gelten.

Strader:

Ich bin getadelt worden, weil ich meine,

der handle gut, der sich bereit erklärt,

gemeinsam mit dem Mystenbund das Werk,

das durch Thomasius vollbracht, zu fördern.

Bedrückend fand ein Redner meine Ansicht,

da ich doch wissen müsse, wie gefährlich

die Mystik wahrer Seelenforschung ist.

Ich fühlte aber diese Geistesart

verständlich oft am besten, wenn ich ganz

dem Wesen mich ergab, das mich verband

mit Mechanismen, die ich selber schuf.

Die Art, wie ich zu meinen Werken stand,

sie zeigte mir der Weiheorte Wesen.

Und während meiner Arbeit dacht’ ich oft:

was kann ich einem Menschen sein, der nur

versucht zu wissen, wie die Kräfte wirken,

die ich dem Mechanismus eingepflanzt?

Und was dagegen bin ich einer Seele,

der ich mein Innres liebend öffnen darf?

Gedanken solcher Art verdanke ich,

daß mir die Lehren, die von Mysten stammen,

ihr wahres Wesen offenbaren konnten;

so weiß ich, ohne eingeweiht zu sein,

daß in den Weiheorten Götterseelen

den Menschenseelen liebend sich erschliessen.

Katharina Ratsam:

Die edlen Worte, welche Doctor Strader

soeben über Weiheorte sprach,

sie müssen Beifall auch bei Seelen finden,

die zwar der Pforte ferne bleiben mußten,

durch welche Eingeweihte schreiten dürfen,

die aber doch vertraut geworden sind

mit dem, was diese Eingeweihten lehren.

Daß unsre Väter sich dem Glauben neigten,

die Mysten seien wahren Lichtes Feinde,

ist zu verstehn. Es war ja ihrer Seele

verwehrt, auch nur zu ahnen, was die Tempel

geheimnisvoll in ihrem Innern bargen.

So ist es heute nicht. Die Mysten halten

ihr Licht nicht ganz verschlossen: sie verkünden

der Welt, was Ungeweihte wissen dürfen.

Und viele Seelen, welche dieses Licht

empfangen und in sich belebt schon haben,

Sie fühlten dies Erlebnis als Erwachen

der Seelenkräfte, die vorher von Schlaf

umfangen unbewußt im Innern wirkten.

(Man hört dreimal klopfen.)

Felix Balde:

Schon nahen uns die Herren dieses Ortes;

ihr werdet ihre Worte hören dürfen.

Nur jene Seelen werden sie jedoch

verstehen und in sich als Licht empfinden,

die nicht vom Vorurteil sich blenden lassen.

Die Kraft der Eingeweihten wird gewaltig

sich jetzt bezeugen, wo sie guten Willen

und Herzen findet, die bereit sich zeigen,

den Wahn zu opfern, wenn die Wahrheit strahlt;

doch wird sie wirkungslos sich dort erweisen,

wo sich der Wille schon im Wahn verhärtet

und so den Wahrheitssinn ertötet hat.

Ferdinand Reinecke:

Es mag der Mensch, wenn er durch Selbstbesinnung

in seinem Innern sich erkennen will,

ein solches Wort sich vor die Seele stellen.

Doch beim Erscheinen dieses Mystenbundes

ist’s besser wohl, man hält sich an Berichte,

die über solche Geistes-Bruderschaften

geschichtlich glaubhaft überliefert sind.

Und diese zeigen, wie gar viele Menschen

sich in die Weihetempel locken ließen,

wenn ihnen mit geheimnisvollen Worten

verkündet wurde, daß in diesen Tempeln

die Seele von den niedern Weisheitsgraden

zu höhern stufenweise sich erhebe

und so zuletzt die Geistesschau erhalte.

Wer solcher Lockung folgte, der erfuhr,

daß er in niedern Graden Zeichen sehen

und über deren Inhalt denken dürfe.

Er konnte hoffen, daß die höhern Grade

der Zeichen Deutung und damit die Weisheit

enthüllen würden. Doch erkannte er

in diesen höhern Graden, daß die Meister

gar wenig über diese Zeichen wußten,

und daß sie über Welt und Leben nur

bedeutungslose Worte offenbarten.

Wenn er durch diese Worte nicht betäubt,

und nicht der Eitelkeit verfallen war,

so wandte er sich von dem Treiben ab.

In dieser Stunde ist’s vielleicht doch gut,

nicht nur Erbauungsworte, sondern auch

Geschichtsberichte willig anzuhören.

(Man hört nochmals dreimal klopfen.)

* * *

(Es tritt der Großmeister des Mystenbundes, Hilarius Gottgetreu, ein. Ihm folgen: Magnus Bellicosus, der 2. Praezeptor, Albert Torquatus, der erste Zeremonienmeister und Friedrich Trautmann, der zweite Zeremonienmeister. Die vorher versammelten Personen treten auseinander und gruppieren sich zu beiden Seiten des Saales.)

Friedrich Trautmann, der 2. Ceremonienmeister:

Ihr lieben Freunde, dieser Augenblick,

der euch zum erstenmal mit uns vereint

an unsres Tempels uralt heil’ger Pforte:

er ist bedeutungsvoll für euch und uns.

Und daß wir unsern Ruf an euch gerichtet,

Ward durch die Zeichen streng uns auferlegt,

die unser hoher Meister schauen konnte

im weisheitsvollen Plan des Erdgeschehens.

Es ist in diesem deutlich vorgezeichnet,

daß sich in dieser Zeit verbinden müsse

der Weihetempel heil’ger Weisheitsdienst

mit allgemeinem Menschensinn, der fern

von Mystenpfaden nach der Wahrheit sucht.

Doch sagten auch des Weltenplanes Zeichen,

dass, ehe dieses sich vollziehen könne,

ein Mensch erst kommen müsse, der das Wissen,

das auf Vernunft und Sinn allein gegründet,

in solche Formen bringet, die vermögend sind,

die Geisteswelten wirklich zu begreifen.

Dies ist geschehen. Thomasius vermochte

der Wissenschaft, die unsre Zeit verlangt,

ein Werk zu liefern, das in ihrer Sprache

Beweise für die Geisteswerte bringt,

die man bisher auf Mystenpfaden nur

und in den Weihetempeln finden konnte.

Dies Werk, es soll das feste Band nun werden,

das euch mit uns im Geistesleben bindet.

Ihr werdet durch dies Werk erfahren können,

wie gut begründet unsre Lehren sind.

und dies wird euch die Kraft verleihn, von uns

auch jenes Wissen willig hinzunehmen,

das sich auf Mystenpfaden nur erschliesst.

So kann lebendig fruchtbar sich entfalten

das Leben, das den allgemeinen Sinn

mit Weihesitten schön zusammenschliesst.

Magnus Bellicosus, der 2. Praeceptor:

Des Bruders Worte durften euch verkünden,

daß ernste Weltenzeichen uns bewogen,

an unsres Tempels Schwelle euch zu rufen.

Der Meister wird sogleich durch seine Worte

des Rufes Sinn noch tiefer euch begründen.

Doch mir obliegt, soviel als nötig scheint,

von jenem großen Manne noch zu reden,

durch dessen Werk wir hier vereint uns finden.

Es war Thomasius der Malerei

ergeben, ehe er zur Wissenschaft

durch innren Geistesruf gedrängt sich fühlte.

Er konnte im Gebiete seiner Kunst

die großen Gaben, die ihm eigen waren,

entfalten erst, als er in Kreise trat,

die wahrer Mystik sich ergeben hatten,

und die ihn zu dem hohen Meister führten,

der ihm des Geistesschauens erste Schritte

im Sinne wahrer Weisheit zeigen konnte.

Er malte dann, in Geisteshöhn getragen

und in den Schöpfermächten sich erlebend,

die Bilder, die wie Wesen wirken konnten.

Was jeden andern Künstler wohl getrieben hätte,

auf dem betretnen Felde höchste Ziele,

sich klug begrenzend, kräftig anzustreben,

ihm war es Anlass nur, erworbnes Können

in solcher Art zu nutzen, die am besten

dem Menschenheile sich erweisen würde.

Es ward ihm klar, daß Geisteswissenschaft

nur wahrhaft gut begründet werden könne,

wenn Sinn für Wissenschaft und strenges Denken

durch Künstlergeist von steifer Formensucht

befreit und innerlich erkraftet werden

zum wahren weltverwandten Sein-Erleben.

So hat Thomasius das Künstlerschaffen,

das seinem Wesen hätte dienen können,

dem Geist der Menschheit willig hingeopfert.

Erkennt, o Freunde, dieses Mannes Wesen,                   

und ihr versteht den Ruf des Mystenbundes

und werdet nicht mehr zögern, ihm zu folgen.

Hillarius Gottgetreu, der Großmeister:

In jenes Geistes Namen, der den Seelen

in unserm Weiheorte sich verkündet,

erscheinen wir in diesem Augenblicke

vor Menschen, die bis jetzt nicht hören durften

das Wort, das hier geheimnisvoll erklingt.

Nicht allen Menschen konnten jene Mächte,

die unsres Erdenwerdens Ziele lenken,

im Urbeginn sich lichtvoll offenbaren.

Denn wie im Kinderleibe erst allmählich

die Kräfte reifen müssen und erstarken,

die zu des Wissens Trägern sind bestimmt,

so mußte sich als Ganzes auch entfalten

das Menschentum in seinem Erdenlauf.

In Dumpfheit lebten erst die Seelentriebe,

die später würdig sich erweisen sollten,

aus hohen Welten Geisteslicht zu schauen.

Doch wurden als der Menschen weise Führer

im Erdbeginn erhabne Geisteswesen

aus höhren Daseinsreichen abgesandt.

Sie pflegten in der Mystik Weihestätten

die Geisteskräfte, die geheimnisvoll

in Seelen sich ergossen, welche nichts

von ihren hohen Führern wissen konnten.

Und später konnten aus der Menschen Reihen

die weisen Meister sich die Schüler holen,

die durch entsagungsvolles Prüfungsleben

sich reif erwiesen, eingeweiht zu werden

in Mystenziele und in Weisheitslehren.

Und als der ersten Meister Schüler später

das edle Gut in Würde pflegen konnten,

da wandten die erhabnen Lehrer sich

zurück zu ihren eignen Lebenswelten.

Die Götterschüler wählten sich dann Menschen,

die ihnen folgen durften in der Pflege

des Geistesschatzes; und so ging es weiter

von einem Menschheitsalter hin zum andern.

Es sind bis jetzt ja alle Mystenschulen,

die dies in Wahrheit sind, gerecht entsprungen

der ersten, die von höhern Geistern stammt.

In Demut pflegen wir an diesem Orte,

was uns von unsern Vätern übertragen.

Wir werden niemals von Verdiensten sprechen,

die unsre Ämter uns erwerben liessen;

allein von Gnade hoher Geistesmächte,

die schwache Menschen sich zu Mittlern wählen

und ihnen jene Schätze anvertrauen,

die in der Seele Geisteslicht entbinden.

Zu diesen Schätzen euch, geliebte Freunde,

den Zugang zu eröffnen, ist an uns

in dieser Zeit; die Zeichen sind fürwahr

verheissungsvoll, die sich im Weltenplane

dem Geistesauge deutlich offenbaren.

Ferdinand Reinecke:

Ihr holt aus fernen Welten eure Gründe,

die uns beweisen sollen, daß wir uns

mit euch verbinden und dadurch dem Werke,

das von Thomasius der Welt geschenkt,

die rechte Wirkung erst verleihen sollen.

Wie schön auch klingen mag, was Ihr gesprochen,

es kann in schlichten Menschenherzen nicht

die Meinung übertönen, daß dies Werk

durch eigne Kraft sich wirksam zeigen werde,

wenn es enthält, was Menschenseelen brauchen.

Bedeutsam soll es sein, weil Wissenschaft

und nicht, was Mystik vorzubringen weiß,

in diesem Werk das Geisteswissen stützt.

Wie kann, wenn dies sich wirklich so verhält,

dem Werke nützen, wenn der Mysten Beifall

und nicht sein eigner Wert den Weg ihm bahnt?

Albert Torquatus, der 1. Zeremonienmeister:

Die Wissenschaft, die durch Thomasius

so gut begründet sich der Welt erschliesst,

sie selbst wird nicht gewinnen, noch verlieren

durch unsre und durch eure Anerkennung.

Doch kann durch sie der Weg gefunden werden,

auf dem die Menschen sich zur Mystik wenden.

Sie wird ihr Werk nur halb verrichtet haben,

wenn sie ein Ziel und nicht ein Weg will sein.

Es wird an euch nun liegen, zu verstehen,

daß jetzt der Augenblick gekommen ist,

Vernunft mit Mystenpfaden zu vereinen,

und so dem Geistesleben unsrer Welt

die Kraft zu geben, die nur wirken kann,

wenn sie zur rechten Zeit sich offenbart.

 

(Der Vorhang fällt.)

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