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Eine freundlich sonnige Morgenlandschaft, im Hintergrunde eine Stadt mit vielen Fabrikgebäuden. Es besprechen sich, in freier Art auf- und abgehend: Benedictus, Capesius, Maria, Thomasius, Strader.

Capesius:

Hier ist der Ort, an welchem Benedictus

In mildem Morgensonnenlicht sich oft

Den Schülern widmet, die in Weihestimmung

Den Worten seiner Weisheit lauschen dürfen.

Da drüben liegt, was Seelen mitleidlos

Von allem herrlich Schönen trennen muß,

Das Gottnatur hier segensvoll gewährt.

Im öden Häusermeere dieser Stadt

Ist Benedictus gütig stets bemüht,

Durch Liebestaten Menschenleid zu lindern.

Doch wenn er seinen Schülern weisheitvoll

Die Geisteswelt im Menschenworte kündet,

Da will er Herzen finden, sonnenhaft

Erschlossen durch die freien Schöpfermächte,

Die hier sich seelenweckend offenbaren.

Auch mir wird jetzt das Glück sich zeigen dürfen,

Das seine Worte Menschen bringen können.

Er hat die Bürde liebend übernommen,

Mich geistig in die Geisteswelt zu führen.

So bin ich denn, wenn ich in seiner Nähe

Mich fühlen darf, mir wieder selbst gegeben.

Benedictus:  

Es soll im Kreise meiner Schüler sich

Durch deine und der andern freie Tat

Ein Knoten künftig lösen aus den Fäden,

Die Karma spinnt im Menschen-Erdenwerden.

Was du erlebt, muß dieser Lösung dienen.

In Menschenherzen, welche treu ergeben

Der Weisung folgen, der ich selber diene,

Kann deine Kraft die Helfer alle finden,

Mit denen du vereint das Werk vollendest,

Zu welchem du im Geiste vorbereitet.

Capesius:

Ich habe Euch erkannt und will Euch folgen.

Als ich in meiner Seele Einkehr hielt,

Nachdem ich Eure Worte wesenhaft

In Geisteswelten habe hören können

Und Ihr mich wieder zu mir selbst gebracht:

Da durfte ich im Geisteslichte schauen

Die Ziele, welchen meine spätern Leben

Im Lauf des Erdendaseins dienen sollen.

Und wissen kann ich jetzt, daß Ihr erwählt,

Die rechten Wege mir zu offenbaren.

Benedictus:

Thomasius und Strader, sie vermögen,

Vereint mit dir, in Zukunft viel zu schaffen,

Was Menschenheil im rechten Sinne fördert.

Die Seelenkräfte, welche sie besitzen,

Sie haben seit dem Erdenurbeginn

In solcher Art sich wirksam vorbereitet,

Daß sie im Weltenlauf mit deinem Geiste

Sich kraftvoll jetzt zur Dreiheit schliessen können.

Capesius:

So hab ich denn den strengen Schicksalsmächten,

Die mir erst unverständlich bleiben mußten,

Zu danken, daß im rechten Augenblicke

Mir meine Lebensziele sich erschliessen durften.

(Er macht eine Pause, sich besinnend):

Wie wunderbar habt Ihr mich doch geführt;

Erst schien es mir, als strebte ich vergebens,

Mit meinem Geiste wirklich einzutreten

In jene Welten, welche eure Worte

Gedankenmässig vor die Seele stellen.

Ich konnte lange nur Gedanken finden,

Wenn ich in eure Schriften mich vertiefte.

Und dann, wie plötzlich, hatte ich um mich

Die Geisteswelt in ihrer Wesenheit;

Ich wußte kaum, mich noch zurecht zu finden

In meiner frühern, mir gewohnten Welt.

Benedictus:

Sie hätte dir nur stets das Geistesleben

Durch ihre starke Wirkungskraft verborgen,

Wenn dieses nicht durch stärkres Wesen sie

Zum leichten Schattensein herabgedämpft.

Du wirst deshalb mit voller Geistesschau

An jener Schwelle dich erkennen müssen,

Die andern erst das Seelenauge öffnet.

(Es kommt Strader bei den letzten Worten des Capesius hinzu, die drei gehen hinweg, und nach kurzer Zeit kommt Benedictus mit Strader wieder zurück.)

Strader:

Es war ein tiefer Schmerz, im Innern mir

Sich wie zum schweren Seelendrucke bildend,

Was ich empfand, als ich zu mir erwachte

Und wieder in dem Leibe mich erkannte,

Aus welchem eure Worte mich geführt.

Vom dumpfen Seelenleben blieb die Qual

Mir erst zurück, doch war sie nicht nur Leid;

Denn sie gebar Erinnrung mir an alles,

Was ich erlebt, bevor ich furchtbar sah,

Wie ich vor Ahriman erfahren konnte,

Daß alles Denken dort zum Stillstand kommt.

Und fragen mußt ich mich, warum versetzte

Mich Benedictus’ Wort in dieses Reich,

Wo mit den Seelen nur gerechnet wird

Und jede nur gewertet, wie sie sich

Den Zielen fügen soll, welche jene Macht

Aus meiner Leistung sich gestalten will.

Sie wollte aus der Menschen Zahl sich zwölf

Zu ihrem Werke weisheitvoll erwählen.

Benedictus:

Bekannt ist dir doch wohl, warum die Seelen,

Die Ahriman dir zeigte, sich dir nahten,

Als er in ihr Geschick sich drängen wollte.

Strader:

Auch dieses offenbarte mir der Schmerz.

Er zeigte mir, was mich der Brüderschaft,

Die jetzt sich in dem Mystenbund gefunden,

Im langvergangnen Erdensein verband,

Und wie die Menschen sich zu mir gestellt,

Die sich in ihrem Wesen offenbarten.

Und fühlen konnte ich, daß Ahriman

Das Band benutzen will, das sie an mich

Für weitre Leben sicher binden muß.

Benedictus:

Die Weltenmächte lenken ihre Taten,

Daß sie, nach Mass und Zahl gerecht, sich stets

Dem Weltenwerden weisheitvoll vereinen.

Das Zeichen, wie die Ordnung sich vollzieht,

Es weist den äußern Sinnen sich mit Klarheit,

Wenn sie der Sonne folgen in dem Lauf,

Den sie durch zwölf Gestirngestalten nimmt.

Wie sie zu diesen Formen sich verhält,

Das zeigt, wie auf der Erde sich die Dinge

In langer Zeiten Folgelauf ereignen.

So wollte Ahriman die Menschenseelen,

Die dir verbunden, zu den Kräften formen,

Aus welchen deine Arbeit leuchten kann.

Er wollte nach dem Masse und der Zahl

An ihre Seelenart die deine binden.

Strader:

Da ich den Sinn von Zahl und Mass erkannt,

So wird mir auch gelingen, meine Leistung

Aus Ahrimans Bereich herauszuführen

Und Erdengöttern wirksam darzubringen.

Benedictus:

Du hast der Zahlen Sinn im Weltenall

Durch Ahrimans Gewalt erkennen müssen;

So war es deiner Seelenrichtung nötig.

Die Geistesschülerschaft, sie führte dich

In dieses Reich, das du erkennen mußtest,

Soll deine Schaffenskraft dir recht erblühn.

(Die beiden gehen hinweg;

es kommen von der andern Seite Maria und Thomasius.)

Maria:

Johannes, deine Seele hat Erkenntnis

Aus kalten Wahrheitsreichen sich errungen.

Und weben wirst du weiter bildhaft nicht,

Was Seelen nur im Leibe traumhaft leben.

Denn fern vom Weltenwerden sind Gedanken,

Die aus sich selber nur sich zeugen wollen.

Thomasius:

Und daß sie’s tun, geschieht aus Eigenliebe,

Die sich als Wissensdurst gebärden will.

Maria:

Wer sich dem Menschenwerden wirksam widmen

Und Werke leisten will, die wesenhaft

Als Kräfte sich im Zeitverlauf verhalten,

Der muß den Mächten sich erst anvertrauen,

Die tief in Wirklichkeiten Mass und Zahl

In Ordnung und in Wirrnis kämpfend bringen.

In Wahrheit ist Erkenntnis Leben nur,

Das in den Seelen offenbar kann werden,

Wenn sie Erlebtes aus den Geistbereichen

In Erdenleibern zur Erinnerung bringen.

Thomasius:

So ist mein Lebenslauf mir vorgezeichnet.

Als Zweiheit muß ich fühlen, was ich bin.

Durch Benedictus und durch deine Hilfe

Bin ich ein Wesen, das für sich besteht,

Und dessen Kräfte meinem eignen Menschen,

Der noch in mir sich regt, nicht angehören.

Was ihr mir gabet, ist ein Mensch für sich,

Der andern Menschen willig reichen muß,

Was ihm gewährt durch Geistesschülerschaft.

Er soll der Welt sich widmen, wie er kann;

Doch darf in diesem Menschen nichts vom andern

Sich störend mischen, der am Anfang erst

Der wahren Selbsterkenntnis sich erahnt.

Der wird als Welt für sich sich weiter führen,

Wenn ihm die eigne Kraft und eure Hilfe

In Zukunft schicksalformend sich erzeugen.

Maria:

Ob du in Wahrheit oder Irrtum wandelst,

Du kannst die Aussicht dir stets offen halten,

Die deine Seele weiter dringen lässt,

Wenn du Notwendigkeiten mutig trägst,

Die aus des Geistesreiches Wesen stammen.

(Vorhang fällt.)

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