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Elftes Bild

 

(Dasselbe Meditationszimmer wie im zweiten Bilde. Maria, Ahriman.)

Ahriman

 Benedictus hat die Gedankenfäden

mit List gesponnen, denen du gefolgt.

Sie haben dich in Irrtum wohl verstrickt.

Thomasius und auch Capesius,

sie sind desselben Wahngesichtes Opfer.

 Zugleich mit deinem, fielen ihre Blicke

auf langvergangner Erdentage Leben.

Ihr sucht seither in jener Zeit das Dasein,

das eurer Gegenwart vorangegangen.

Ihr werdet Irrtum nur aus Irrtum zeigen,

 wenn Ihr Euch wollt dadurch bestimmen lassen,

dem Erdenpfade Pflichten vorzuzeichnen,

die Eures Wahneswissens Folge sind.

Daß Benedictus nur aus deinem Hirn

die Bilder nahm, und sie in frühe Zeiten setzte:

 dies kannst du klar aus eignem Wissen finden.

Du sahst die Menschen deiner eignen Tage

verschieden kaum von jenen alten Zeit.

Du sahest Mann als Mann und Frau als Frau,

und auch die Eigenschaften waren ähnlich.

 Es kann dir so kein Zweifel mehr bestehn,

daß du nicht Wahrheit, sondern nur den Wahn

der eignen Seele mit dem Geistesauge

in graue Vorzeit dir zurückverlegtest.

Maria:

Ich schaue dich als aller Täuschung Vater,  

 doch weiß ich auch, daß du oft Wahrheit sprichst.

Und wer verwerfen wollte jeden Rat,

den er durch deine Worte kann erhalten,

der müsste schwersten Irrtums Opfer werden.

Wie Wahn der Wahrheit Maske sich bedient,

 um Menschenseelen sicher einzufangen,

so kann der Mensch sich leicht dem Trug ergeben,

wenn er nur stets an allen Irrtumsquellen

in feiger Furcht vorbei sich schleichen wollte.

Nicht Wahn allein verdanket dir die Seele:

 Auch jene Macht entstammt dem Geist des Truges,

die Menschen sichre Urteilskraft verleiht.

Drum will ich mich dir frei entgegenstellen.

Ergriffen hast du mich an jenem Seelenteil,

der wachsam stets sich selbst bewahren muß.

 Erwäg’ ich alle Gründe, welche du

mir eben klug berechnend vorgehalten,

so scheint nur eignen Hirnes Bildgestalt

in frühe Erdentage hinversetzt.

Doch frag’ ich dich, ob deiner Weisheit sich

 für alle Erdenzeiten Pforten öffnen?

Ahriman:

In keinem Geistesreiche leben Wesen,

die sich mir feindlich dann entgegenstellen,

wenn ich in Erdenzeiten Einlaß brauche.

Maria:

Die hohen Schicksalsmächte haben weise

 in dir den Widersacher sich bestellt;

du förderst alles, das du hemmen willst.

Du bringst den Menschenseelen Freiheitsmacht,

wenn du in ihre Seelengründe dringst.

Von dir entspringen die Gedankenkräfte,

 die Ursprung zwar der Wissens-Truggebilde,

doch auch des Wahrheitssinnes Führer sind.

Es gibt nur Ein Gebiet im Geisterland,

in dem das Schwert geschmiedet werden kann,

vor dessen Anblick du verschwinden mußt.  

 Es ist das Reich, in dem die Menschenseelen

sich aus Verstandeskräften Wissen bilden,

und dann zur Geistesweisheit umgestalten.

Und kann ich mir in diesem Augenblicke richtig

das Wahrheitswort zum Schwerte schmieden,

 so wirst du diesen Ort verlassen müssen.

So höre du, der Vater ist der Täuschung,

ob ich vor dir die Siegeswahrheit spreche.

Es gibt im Erdenwerden solche Zeiten,

in welchen alte Kräfte langsam sterben

 und sterbend schon die neuen wachsen sehn.

In solcher Zeitenwende fanden ich

und meine Freunde uns im Geist vereint,

als sie die frühern Erdenleben suchten.

Es wirkten damals wahre Geistesmenschen,

 die sich zur Seelenbrüderschaft verbanden,

und aus der Mystik Reich sich Ziele holten.

In solchen Erdentagen werden Keime

in Menschenseelen sorgsam eingepflanzt,

die lange Zeit zur vollen Reife brauchen.

 Die Menschen müssen dann im nächsten Leben

noch Eigenschaften aus dem frühern zeigen.

Es werden viele Männer solcher Zeiten

in einem nächsten Leben wieder Männer;

und viele Frauen werden Frauen wieder.

 Es ist dann auch die Zeitenlänge kürzer,

als jene, die sonst zwischen Leben liegt.

Es fehlet dir für solche Zeitenwenden

der sichre Blick. Deshalb vermagst du nicht

ihr Werden irrtumlos zu überschauen.

 Gedenke, wie wir uns begegnet sind

im Hause jener Geistesbrüderschaft:

und du mit Worten sprachst, die mir den Selbstsinn

in tiefster Seele schmeichelnd lösen sollten.

Erinnerung für diese Zeit verleiht

 mir jetzt die Kraft, mich dir zu widersetzen.

(Ahriman entfernt sich mit einer unwilligen Gebärde, Donner.)  

Maria:

Er hat die Stätte so verlassen müssen,

die Benedictus Segen oft empfangen.

Mir aber hat sich herrlich offenbart,

wie leicht der Irrtum Seelen kann befallen,

 die ohne Wachsamkeit dem Geistgehör

sich öffnen, und die sichren Wege meiden.

Es hat der Widersacher starke Kräfte,

des Lebens Widersprüche zu betonen,

und so den Seelen Sicherheit zu rauben.

 Er muß verstummen, wenn das Licht erscheint,

das aus den Weisheitsquellen selber leuchtet,

und Geistesblicken Helligkeit verleiht.

(Vorhang fällt, während Maria noch im Zimmer ist.)  

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