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Drittes Bild.

 

(Zimmer in rosenrotem Grundton, freundliche Stimmung. Johannes vor einer Staffelei; Maria, später eintretend; dann Geistgestalten als Seelenkräfte.)

 

Johannes:

Maria schwieg vor meinem Bilde,

als sie zuletzt es sah. –

Sie schenkte mir vorher doch stets

 Aus ihrer Weisheit reichem Schatze,

was meines Werkes Fortgang fördern kann.

So wenig ich mir selbst getraue,

ein Urteil mir zu bilden,

ob ich mit meiner Kunst erfülle,

 was unsre Geistesströmung fordert,

so sehr vertrau’ ich ihr –.

Und immer wieder höre ich im das Wort im Geiste,

das kraftverleihend mich beglückte,

als ich an dieses Bild mich wagte.

 »Du kannst auf diesem Wege, sprach sie,

das Wagnis unternehmen,

was geistig nur die Seele schaut,

dem Sinnenschein zu offenbaren.

Es wird dir nicht verborgen bleiben,

 wie Formen, Gedanken gleichend,

den Stoff bezwingen;

und Farben, gefühlsverwandt,

die Lebenskraft durchwärmen.

So darfst du auch die höhern Reiche

 Mit deinem Können bilden.«  

Empfindend dieser Worte Kraft,

ergeb’ ich zaghaft mich dem Glauben,

daß ich dem Ziele näherkomme,

das Benedictus mir gewiesen hat.

 Ich saß oft mutlos vor dem Bilde;

Vermessen schien es mir so manche Stunde,

unmöglich dünkt es mir zu andern Zeiten,

in Farben und in Formen nachzubilden,

was meine Seele schauen darf.

 Wie kann man webend Geistessein,

das allem Sinnenschein entrückt,

sich nur dem Seheraug’ erschließt,

mit Mitteln offenbaren,

die doch dem Sinnenreich gehören.

 So fragt’ ich mich recht oft.

Wenn ich jedoch verbanne Eigenwesen,

und nach der Geisteslehre Sinn

zu schaffenden Weltenmächten

in Seligkeit entrückt mich fühlen darf,

 erwacht in mir der Glaube

an solche Kunst, die mystisch wahr

wie unsre Geistesforschung ist.

Ich lernte mit dem Lichte leben

und in der Farbe des Lichtes Tat erkennen,

 wie echter Mystik wahrer Schüler

im Reich des form- und farbenlosen Lebens

die Geistestaten und das Seelensein erschauen.

Vertrauend solchem Geisteslicht,

erwarb ich mir die Fähigkeit,

 zu fühlen mit dem flutenden Lichtesmeere,

zu leben mit den strömenden Farbengluten;

erahnend waltende Geistesmächte

im stoffentrückten Lichtesweben,

im geisterfüllten Farbenwesen.

(Maria tritt ein, ohne von Johannes bemerkt zu werden.)

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

 Und wenn mich dann der Mut verlassen will,  

so denk’ ich deiner, edle Freundin. –

In deinem Seelenfeuer

Erwarmet meine Schaffenslust;

In deinem Geisteslicht

 Erwachen mir die Glaubenskräfte.

(Er sieht Maria):

O – du bist hier – – – – – – –,

ich harrte deiner ungeduldig

und konnte doch dein Nahen übersehn!

Maria:

Erfüllen muß es mich mit Freude,

 den Freund in seine Arbeit so vertieft zu sehn,

daß er der Freundin selbst vergißt.

Johannes:

O sprich nicht solches Wort –,

du weißt, wie nichts ich schaffen kann,

das nicht von dir gesegnet ist.

 Es gibt kein Werk von mir,

daß dir nicht seinen Ursprung dankt.

Du hast im Liebefeuer mich geläutert;

daß ich vermag, durch meine Kunst zu bilden,

was dir sich offenbart im Schönheitsglanz,

 der wesenwärmend, seinsverklärend strahlt,

und strahlend offenbart das Geistesland.

Empfinden muß ich meines Schaffens Strom

Aus deiner Seele Quell’ in meine fließen;

Dann fühle ich die Schwingen, die mich heben

 Zu erdenfernen, geisterfüllten Höhen. –

Ich liebe, was in deiner Seele lebt,

und kann ihm liebend Bildgestalt verleihn.

Nur Liebe kann dem Künstler Kräfte zeugen,

die in den Werken fruchtbar weiter leben.

 Und soll ich Bilder aus den Geistesweiten

Als Künstler in die Sinneswelten tragen,

so muß der Weltengeist durch mich erscheinen,

und Werkzeug nur mein Eigenwesen sein.

Der Selbstsucht Fesseln muß ich sprengen können;   

 daß ich nicht eigner Willkür Wahngestalten

statt Geisterwelten kunstvoll bilden möchte.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ –

Maria:

Und wenn du, statt durch meine Seelenschau,

aus dir des Werkes Urbild holen müßtest,

es könnte dann aus Einem Seelengrunde

 der Schönheit Wesen einheitvoller wirken.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ –

Johannes:

Ich müßte nur nach eitlen Denkgespinsten jagen,

wenn ich ergübeln wollte, was mir besser ist:

ob deine Geistesschau verkörpernd schaffen,

ob in mir selbst der Bilder Ursprung suchen.

 Ich weiß, daß ich ihn so nicht finden könnte.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ –

Versenken kann ich mich in Seelengründe,

und selig mich in Geisteswelten finden;

ich kann am Sinnenreiche mich verlieren

und mit dem Auge folgen Farbenwundern,

 die Schöpfungstaten mich erschauen lassen.

Bin ich mit meiner Seele nur allein,

so führt, was ich erleben kann in mir,

ein Dasein nur, das nicht zum Schaffen drängt.

Doch darf ich dir in Weltenhöhen folgen,

 und warm in Seligkeit dir nacherleben,

was du schon dort im Geist erblicken konntest,

empfind’ ich Feuer in der Geistesschau,

das in mir selbst dann weiterflammt, und flammend

in mir entzündet Kräfte, die zum Schaffen zwingen.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ – ‒ –

 Wenn ich in Worten wollte Menschen künden,

was ich in Höhenwelten kann erkennen,

so dürft’ ich mich mit eigner Seele heben

in Sphären, wo der Geist zum Geiste spricht.

Als Künstler muß ich jenes Feuer finden,

 daß aus dem Werk in Herzen strahlend wirkt.  

und meine Seele kann dem Bild nur geben,

was magisch Geistesglut in Herzen strömt,

wenn sie erst selbst aus deinen Herzenstiefen

die Geistesoffenbarung trinken kann.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ –

 Wie Ursprungskräfte sich in Sehnsucht dichten,

und Schöpfungsmächte geistend sprühen,

und schon, den Menschen fühlend, seinsbedürftig,

als Götter sich im Zeitbeginn erschaffen,

dies hat der Freundin Seele oft mit edler Rede

 in unsichtbarer Art mich greifen lassen.

Im zarten Ätherrot der Geisteswelt

versucht’ ich, Unsichtbares zu verdichten;

empfindend, wie die Farben Sehnsucht hegen,

sich geistverklärt in Seelen selbst zu schauen.

 So spricht der Freundin Seelenwesen wie mein eignes

Aus meinen Bildern zu den Menschenherzen.

Maria:

Bedenk’, Johannes, daß die Eine Seele,

getrennt von andern, als ein Eigenwesen

seit Weltbeginn sich selbst entfalten muß.

 Die Liebe soll getrennte Wesen binden;

doch nicht die Eigenheiten töten wollen.

Es ist der Augenblick für uns gekommen,

in welchem wir die Seelen prüfen müssen,

wie sie des Geistespfades weitre Schritte

 zu einer jeden Heil zu lenken haben. (Geht ab)

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Johannes:

Was sprach die Freundin?

So unverständlich klangen ihre Worte!

 Ich muß dir folgen, Maria! – – –

(Die drei Gestalten der Seelenkräfte erscheinen.)

Luna:

Du kannst dich selbst nicht finden

 Im Spiegel einer andern Seele.

Die Kraft des eignen Wesens,  

sie muß im Weltengrunde Wurzeln schlagen,

wenn sie aus Geisteshöhn

die Schönheit in Erdentiefen

 mit echtem Sinn verpflanzen will.

Erkühne dich zum Eigensein,

daß du als starke Seelenform

dich Weltenmächten opfern kannst.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Astrid:

Du sollst auf deinen Weltenwegen

 Dich nicht verlieren wollen;

Zu Sonnenfernen dringen Menschen nicht,

die sich des Eigenseins berauben wollen.

So mache dich bereit,

durch Erdenliebe vorzudringen

 in tiefe Herzensgründe,

die Weltenliebe reifen lassen.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Die andre Philia:

O höre nicht die Schwestern;

Sie führen die in Weltenweiten;

und rauben dir die Erdennähe, – ‒

 sie sehen nicht wie Erdenliebe

der Weltenliebe Züge trägt.

In Kälte walten ihre Wesenheiten;

die Wärme fliehen ihre Kräfte,

und Menschen wollen sie entführen,

 aus ihren Seelentiefen

in kalte Höhenwelten.

(Vorhang während Johannes, Philia, Astrid, Luna noch stehen bleiben.)  

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