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Drittes Bild.

 

Die Landschaftsszenerie wie im zweiten Bilde.

(Magnus Bellicosus, Romanus, Torquatus und Hilarius so kommend von der rechten Seite, daß das Folgende, das sie im Stehen sprechen, sich denken läßt wie die Fortsetzung eines Gespräches, das sich schon vorher auf ihrem Spaziergang geführt haben. Es nimmt für die Teilnehmer einen so gewichtigen Inhalt an, daß sie stehen bleiben.)

M. Bellicosus:

Und wenn der starre Kopf unbeugsam ist,

wie soll das Werk gedeihn, das Gottgetreu

dem Menschendienste liebend widmen will!

Romanus:

Was unsres Freundes treuer Werkgenosse

an Gründen für den Einwand vorgebracht:

es hat Gewicht für Menschen nicht allein,

die äußrer Lebensford’rung eingedenk,

sich ihre Meinung bilden. – ‒ Ist es nicht

im Einklang auch mit wahrer Mystenmeinung?

M. Bellicosus:

Es liegt jedoch im Geisteskreise nicht,

der unsre Ziele fest umschlossen hält.

Es folgten uns in unsrem Mystenwerke

des Benedictus’ Schüler; ‒ ihnen will

Hilarius die Wirkensstätte schaffen,

die ihre Geistesfrüchte reifen läßt.

Die weisen Schicksalsmächte haben sie

im Tempel uns vereint; und unser Freund

entspricht der Weisung nur, die uns im Tempel

als Geistespflichtgebot sich offenbarte.

Romanus:

Ist’s Euch gewiß, daß Ihr dies Geistgebot

Auch recht versteht? Denn näher liegt die Meinung,

daß Benedictus selbst, und auch die Schüler,

die er in seiner Art zum Geist geführt

im Tempel-Innern noch sich halten sollen,

und nicht den rauhen Pfad schon jetzt betreten,

zu dem Hilarius sie führen will. –

Es wandelt sich auch ihm nur allzu leicht

die Geistesschau in Seelentraumesschlaf.

M. Bellicosus:

Dies Wort von Euch zu hören, hofft’ ich nicht.

Es mag dem Werkgenossen Gottgetreus

erlaubt wohl sein, der sich aus Büchern nur

ein Wissen holen kann, gering an Wert.

Doch Euch obliegt, die Zeichen zu erkennen,

die auf dem Mystenwege sich erzeugen.

Es spricht die Art, wie Benedictus’ Schüler

uns zugeführt, zu unsern Seelen deutlich.

Sie sind mit uns vereint, daß wir befolgen,

was ihrer Seherschaft sich offenbart.

Torquatus:

Es offenbart jedoch ein andres Zeichen,

daß nicht der Geistesmächte Segensfülle

dem Werke zugeflossen, das im Tempel

sich unsern Seelen dargeboten hat.

Es hat Capesius von Benedictus

und seinem Schülerkreise sich getrennt.

Daß er die volle Seelenwachsamkeit

in sich noch nicht erfühlt, die Benedictus

in ihm schon sucht, es wirft doch trübe Schatten

auch auf des Lehrers eigne Sicherheit.

M. Bellicosus:

Des Sehers Gaben liegen mir noch fern:

Doch fühl’ ich oft, wie manch Geschehnis mir

ein ahnend Wissen in der Seele löst.

Als ich Capesius am Weiheort

zum erstenmal in unserm Kreise sah,

bedrängte der Gedanke mich, es stelle

das Schicksal ihn uns nah und fern zugleich.

Romanus:

In dieser Ahnung kann ich Euch verstehn.

Doch ahnte ich in jenem Augenblicke

mir keinen unsrer neuen Mystenfreunde

durch Schicksalsmacht so eng vereint wie Strader.

Für mich ist solche Ahnung nur ein Zeichen,

das meine Seele in die Richtung weist,

in der ich dann verständig suchen kann.

Und wend’ ich mich zur Tat, so tilg’ ich erst

die Ahnung, die mein Denken mir durchkraftet. –

Dies weisen mir der Mystik strenge Regeln.

Ich fühle mich im Geistgebiet gewiß

mit Benedictus’ Schülern eng verbunden,

soll ich jedoch aus innrem Mystenkreise

den Weg zurück zum Erdenleben suchen,

so wag’ ich dies allein an Straders Seite.

Torquatus:

Der treue Werkgenosse Gottgetreus

erkennt in Strader nicht den sichern Geist,

der äußres Leben wirksam fördern kann.

Und lass’ ich selbst die innre Stimme sprechen,

so offenbart sich mir, daß ihm zur Mystik

die rechte Seelenstimmung gänzlich fehlt.

Was äußre Zeichen ihm bezeugen können,

was sein Verstand vom Geistessein begreift,

erregt in ihm den starken Forschertrieb;

dem innern Geist-Erleben steht er fern.

Was soll des Mannes Geistesschaffen andres

als mystisch dunkles Traumgespinste sein?

Romanus:

Er ist auf seiner Freunde Geistesweg

Bis jetzt nicht weit genug noch vorgeschritten,

um sich mit Seelenfeinden zu verbinden,

die sehr gefährlich sind für manchen Mysten,

wenn sie ihm folgen in das Sinnensein.

Bellicosus:

Wenn Ihr ihn frei von diesen Feinden glaubt,

so hindert Euch doch nichts, für ihn zu wirken,

so daß das große Werk gelingen kann,

das Gottgetreu durch ihn verrichten will.

Wenn dieses Freundes Werkgenosse hört,

wie Ihr den Mann verehrt, den er gering

zu achten sich vermißt, es wird gewiß

an seinem Urteil rütteln. Ihr allein

vermögt es, ihn der Sache zu gewinnen.

Bekannt ist ihm, daß Euch im äußren Leben

Erfolge stets aus allem sich erzeugten,

was Ihr nach klugem Vorbedacht getan.

Romanus:

Mein lieber Gottgetreu, wenn Ihr Euch Strader

an Eure Seite stellt, und ohne Wahn

des Benedictus’ andre Geistes-Schüler

von eurem Werke ferne halten wollt,

so bleibt Ihr nicht allein; ‒ dann biet’ ich Euch

nicht nur, was Bellicosus jetzt verlangt,

als meine Hilfe an; ich will dann auch

mit allem, was an äußrem Gut mein Eigen,

dem schönen Plane Straders wirksam dienen.

Hilarius:

Wie könnt’ Ihr denken, daß sich Strader jetzt

von Benedictus’ Schülern trennen werde –

und ohne sie nur eignen Geisteszielen folgen.

Ihm stehn die andern nah’, wie er sich selbst.

Romanus:

Daß sie ihm menschlich nahe stehn, mag gelten.

Sich ihnen geistig auch vereinigt wähnen,

kann jener Teil in seiner Seele nur,

der tief im Geistes-Schlafe sich noch hält.

Doch dünkt mich, daß recht bald sich zeigen muß,

wie der zu wachem Leben reifen kann.

(Die vier gehen nach der linken Seite ab.)

(Es kommen von der rechten Seite Capesius, Strader, Felix Balde und Frau Balde; wie im Gespräch stehen bleibend, weil der folgende Inhalt für sie wichtig ist.)

Capesius:

Dem Geist auf innern Seelenpfaden folgen:

dies Eine kann ich nur in dieser Zeit.

Wollt’ ich mit äußrem Wirken mich belasten,

um Geist im Sinnenreich zum Sein zu bringen, ‒

vermessen müßt’ ich mich, den Grund des Seins

in Welten zu erfassen, deren Wesen

in mir bis jetzt noch nicht verwirklicht ist.

Ich kann vom Weltensein soviel nur schauen,

als sich von ihm in mir gebildet hat.

Wie soll ich schaffen, was den andern frommt,

wenn ich im Schaffen nur mich selbst genieße?

Strader:

Versteh ich Euch, so meint Ihr, allem Schaffen

des eignen Wesens Prägung nur zu geben;

und so im Werke nur das Eigensein

dem äußren Weltenwesen mitzuteilen.

Capesius:

Bis ich mit meiner eignen Innenwelt

an fremdes Wesen stoße, ist es so.

Wie weit ich in das Andre jetzt schon dringe,

ich mußt’ es schmerzlich mir gestehn, als ich

für kurze Zeit in Klarheit wachend war.

Felix Balde:

Ihr sprecht, was ich von Euch noch nie gehört. –

Doch niemals konnt’ ich Euch ‒ ‒ so gut verstehn

wie jetzt, da nichts als Ihr nur selber sprecht.

In Eurer Rede tönt der Mystik Stimmung,

die ich durch viele Jahre streng gesucht;

und die allein das Licht vernehmen kann,

in dem der Menschengeist im Weltengeist

durch helles Schauen wissend sich erlebt.

Capesius:

Weil ich geahnt, wie nah ich Euch gekommen,

bin ich zu Euch entflohn aus einem Treiben,

das meine Innenwelt ertöten wollte.

Strader:

Begreiflich fand ich oft, ‒ was ihr jetzt sprecht ‒;

ich hielt es dann für Weisheit, ‒ ‒ doch kein Wort

in euren Reden ist mir jetzt verständlich.

Capesius und Vater Felix, beide . . .

verbergen dunklen Sinn in klaren Worten.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Erleb’ ich nicht, wie eure Worte nur

das Kleid von Kräften sind, ‒ ‒ von Seelenkräften,

die mich von euch verbannen in die Welten,

die Eurer Geistesart recht ferne liegen?

Die ich nicht suchen will, ‒ weil ich die eure

in meiner tiefsten Seele lieben muß.

Ertragen kann ich leicht den Widerstand,

der meinem Werke jetzt von außen drohnt.

Ja selbst, wenn all mein Wollen jetzt zerschellte

an diesem Widerstand ‒: ich könnt’ mich halten.

Doch eure Welten kann ich nicht entbehren.

Felix Balde:

Es kann der Mensch die Geisteswelt nicht finden,

wenn er sie suchend sich erschließen will.

Ich ward durch Euch beglückt, als Ihr vor mir

dereinst von eurem Mechanismus spracht; ‒

als Euch Erleuchtung schenkte, was Ihr nicht

verständig suchend Euch erringen wolltet.

Da war’t Ihr nah der wahren Mystenstimmung.

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Erstreben nichts, ‒ ‒ nur friedsam ruhig sein,

der Seele Innen-Wesen ganz Erwartung ‒ ‒:

das ist die Mystenstimmung. – Wer sie weckt,

der führt sein Innres hin zum Lichtesreich.

Das äußre Werk verträgt nicht solche Stimmung.

Wenn Ihr durch Mystik dieses suchen wollt,

ertötet Ihr mit Mystenwahn das Leben.

Strader:

Ich hab Euch nötig, ‒ ‒ doch ich find’ Euch nicht. ‒

Das Sein das uns vereint, ‒ ‒ Ihr schätzt es nicht.

Wie finden Menschen sich zum Weltenwerk,

wenn Mysten nie das Eigensein verlassen?

Felix Balde:

Die Welt, in die Ihr tätig Euch begebt,

in die könnt Ihr des Schauens zartes Sein

nicht tragen, ohne daß es Euch zerschmilzt,

wenn sie an ihrer Grenze Euch empfängt.

In Frömmigkeit, verehrend geistig Walten,

die Geistesschau im Herzen ruhen lassend: ‒ ‒

So nahen Mysten sich der Welt der Tat.

Capesius:

Und wenn sie anders sie betreten wollen,

so zeigt sich ihnen wohl des Irrtums Wirken,

doch nicht der Weisheit lichte Wesenheit.

In eines Menschen Seele konnt’ ich schauen. –

Ich wußte, daß mein Schauen mich nicht trog.

Doch sah ich jener Seele Irrtum nur.

Es ward mir dies, weil ich die Geistesschau

durch Wunsch nach äußrer Tat verdorben hatte.

Strader:

So spricht Capesius, der mir

Auf Seelenwegen weit vorangeschritten; ‒ ‒

Und mir ersteht die Geistesschau doch nur,

wenn sich die Seele Tatgedanken widmen

und lebend sich im Hoffen finden darf,

daß sie dem Geiste Stätten bauen kann,

in welchen er das Licht entzünden will,

das wärmend durch die Geisteswelten strahlt

Und durch der Menschen Sinnenwirksamkeit

im Erdensein die neue Heimat sucht. – ‒

‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒ ‒

Bin ich des Irrtums Sohn, ‒ ‒ nicht euer Sohn,

ihr weisheitvollen weiten Geisteswelten ‒ ‒!

(Es wendet sich Strader wie nur für einen Augenblick von seinen Unterrednern ab; er hat nun die folgende Geistesschau – Benedictus, Maria, Ahriman erscheinen ‒ ‒ als seine Gedankenformen zwar, doch im wirklichen Geistverkehr; zuerst Benedictus mit Ahriman, dann Maria.)

Benedictus:

In weisheitvollen weiten Geisteswelten

erahnst du Hilfe deiner Fragenpein,

      die deines Seelenlebens Urgeheimnis

auf deinem Erdendenken lasten läßt.

Die Antwort sollst du hören, wie sie dir

die Geistesweiten aus den Seelentiefen

durch meine Stimme offenbaren wollen.

      Doch lern’ verstehen, was du wissend wähnst,

was du zu sprechen dich recht oft erkühnst,

und doch im eignen Seelensein nur träumst.

Gib deinem Traume Leben, das ich dir

zu reichen aus dem Geist verbunden bin;

      Zum Traumessein doch wandle, was du dir

durch Denken aus den Sinnen ziehen kannst.

Capesius und Vater Felix bannen

dich aus dem Geisteslicht, daß sie erschauen;

sie legen zwischen sich und dich den Abgrund.

      Beklage nicht, daß sie ihn dir bereitet,

doch blick’ in deinen Abgrund.

Ahriman:

                                                Tu es nur!

Du wirst erschauen, was dir würdig scheint

des Menschengeists im weiten Weltenlauf.

Es wär’ wohl gut für dich, wenn andre Geister

      es dir im dumpfen Seelenschlafe wiesen;

doch weist es Benedictus dir im Wachen,

so tötest du die Antwort dir im Schauen:

Ja, tu es nur.

Strader:

                        Ich will es tun. Doch wie? –

Gestalten wirr? Sie wandeln sich, ‒ sie zerren, ‒

die Eine an der andern zerrt, ‒ ein Kampf ‒ ‒,

es stürzen wild die Schemen aufeinander ‒,

Zerstörung waltet, Finsternis erzeugend; ‒

aus Finsternis jetzt andre Schattenwesen.

Um sie die Ätherhelle, ‒ rötlich webend;

ganz deutlich löst sich eine der Gestalten;

sie kommt zu mir, ‒ der Abgrund schickt sie mir.

(Maria tritt aus dem Abgrund hervor.)

Maria:

Du schaust Dämonen, ‒ bilde deine Kraft,

so sind sie’s nicht, ‒ vor dir erscheinen sie,

was sie nicht sind. Wenn du sie halten kannst,

bis sie vor deinem Seelensein zum Leuchten

ihr Schemenwesen bringen, sind sie dir,

was sie im Weltenwerden gelten können.

Doch dir erlischt das Schauen, ehe sie

die Kraft zu scheinen erst entfaltet haben.

Bestrahle sie mit deinem eignen Licht.

Wo ist dein Licht? – du strahlest Finsternis. –

Erkenne deine Finsternis – um dich ‒,

du schaffst ins Licht die wirre Finsternis.

Du fühlest sie, wenn du sie schaffst durch dich;

doch fühlest du dein Schaffen niemals dann.

Vergessen willst du deine Schaffensgier.

Unwissend waltet sie in deinem Wesen,

weil du zu feige bist, dein Licht zu strahlen.

Genießen willst du dieses Eigenlicht.

Du willst dich selber nur in ihm genießen.

Du suchest dich und suchest im Vergessen.

Du läßt dich träumend selbst in dir versinken.

Ahriman:

Ja, höre sie, ‒ sie kann dir Rätsel lösen,

doch wirst du ihre Lösung – nicht dir lösen.

Die Weisheit gibt sie dir, ‒ daß du mit ihr

zur Torheit deine Schritte lenken kannst.

Sie wär’ wohl gut für dich – zu andren Zeiten,

wenn dir der helle Geistestag erschienen;

doch spricht Maria so in deinen Träumen,

so tötet sie die Lösung dir im Raten.

Ja, höre sie.

Strader:

                        Was wollen diese Worte,

Maria, sind sie aus dem Licht geboren?

Aus meinem Licht? – Ist’s meine Finsternis,

aus der sie tönen? Benedictus, sprich,

wer stieg mir aus dem Abgrund ratend auf?

Benedictus:

An deinem Abgrund hat sie dich gesucht.

So suchen Geister Menschen, sie zu schützen

vor Wesen, die den Seelen Schemen bilden,

und ihnen so des Weltengeistes Walten

mit Finsternis verwirren, daß sie nur

im Netz des eignen Seins sich wirklich wissen.

In deinen Abgrund blicke weiter noch.

Strader:

Was lebt mir jetzt in meines Abgrunds Tiefen?

Benedictus:

Die Schatten schaue, rechts die bläulichroten,

sie locken Felix, ‒ und die andern sieh’ –

zur linken, ‒ rot in gelb sich hellend milde,

sie drängen zu Capesius sich hin.

Die beiden fühlen dieser Schatten Macht ‒ ‒;

sie schaffen sich in Einsamkeit das Licht,

das Schatten lähmt, die Menschenseelen trügen.

Ahriman:

Er täte besser, wenn er deine Schatten

dir zeigen wollte, ‒ doch vermag er’s kaum; ‒

an gutem Willen fehlt’s ihm wahrlich nicht.

Nur merkt er nicht, wo er sie suchen soll.

Sie stehen hinter dir, bedenklich nah, ‒

doch deckst du sie zunächst ihm selber zu.

Strader:

So hör’ ich jetzt am Abgrund hier das Wort,

das ich für eines Toren Spruch gehalten,

als Gottgetreus Berater es mir sagte! ‒ ‒ ‒

Maria:

Es härtet Vater Felix sich die Waffen,

die ihm Gefahren tilgen; ‒ andre braucht,

wer deiner Seele Wege wandeln muß.

Und was Capesius als Schwert sich formt,

den Kampf mit Seelenfeinden mutig führend,

für Strader wandelt’ sich’s zum Schattenschwert,

wollt’ er mit ihm den Geisteskrieg beginnen,

den Schicksalsmacht den Seelen vorbestimmt,

die tatenreifes Geisteswesen kraftvoll

in Erdenwirken umzuschaffen haben.

Du kannst für dich nicht ihre Waffen nutzen;

doch kennen mußt du sie, daß du die deinen

dir sinnvoll aus dem Seelenstoffe schmiedest.

(Die Gestalten des Benedictus, des Ahriman und der Maria verschwinden, d. h. äußerlich gesehen: Strader kommt von seiner Geistesschau zurück; er sieht sich nach Capesius, Felix Balde und Frau Balde um; diese treten wieder zu ihm; er hat sich auf einem Felsensitz niedergelassen.)

Felix Balde:

Mein lieber Strader, trieb Euch nicht der Geist

Soeben weit von uns? – Es schien mir so.

(Er macht eine Pause, erwartend, daß Strader etwas sagen solle,

doch da dieser schweigt, fährt er fort.)

Nicht lieblos wollt’ ich Euch aus unserm Kreise

auf andre Lebensbahnen jetzt verweisen.

Verhindern will ich nur, daß Ihr dem Wahn

noch weiter Euch ergebt, der Euch verwirrt.

Was Geist im Geiste schaut, soll auch nur geistig

empfangen und erlebt von Seelen werden.

Wir töricht wär’ es, wenn Felicia

die Märchenwesen, die sie lebt,

und die auch seelisch nur erlebt sein wollen,

auf Puppenbühnen möchte tanzen lassen.

Es wäre aller Zauber dann hinweg.

Frau Balde:

Ich habe wahrlich lang genug geschwiegen.

Doch rede ich, wenn ihr mit Mystenstimmung

noch gar die Märchengeister wollt’ beglücken.

Die dankten schön, wenn ihnen ihre Kraft

erst ausgesogen, und sie dann mit Mystik

aufs neue aufgepäppelt werden sollten.

Der Mystik aller Ehre; doch sie bleibe

von meinen Märchenreichen mir nur fern.

Capesius:

Felicia: sind’s Eure Märchen nicht,

die mir den Geistesweg zuerst gewiesen?

Was Ihr an Luft- und Wassergeistern mir

so oft vor meine durst’ge Seele riefet,

es waren mir die Boten jener Welt,

in die ich mystisch jetzt den Eingang suche.

Frau Balde:

Doch seit Ihr mit der neuen Mystenart

in unser Haus gekommen, fragt Ihr wenig,

was meine schönen Zauberwesen wollen.

Ihr laßt mir öfter noch die Einen gelten,

die würdevoll und ernst das Antlitz zeigen;

die aber voller Freude lustig tanzen,

die findet Ihr recht mystisch unbehaglich.

Capesius:

Ich zweifle nicht, Felicia, daß mir

der tiefe Sinn auch jener Wunderwesen

sich später noch erschließen wird, die Ernst

in heitrer Maske offenbaren wollen.

Doch jetzt ist meine Kraft noch nicht so weit.

Felix Balde:

Felicia, du weißt, wie ich sie liebe,

die Märchenwesen, die sich dir enthüllen;

doch sie mechanisch puppenhaft verkörpert

mir vorzustellen, ‒ ist mir widerlich.

Frau Balde:

Ich hab’ sie dir noch nicht so vorgeführt;

dazu stehst du – zu hoch; doch freut’ ich mich,

als ich von Straders Plan vernahm und hörte,

daß auch Thomasius den Geist, versinnlicht,

im Stoffe darzustellen sich bestrebt.

Ich sah im Geiste meine Märchenprinzen

und meine Feuerseelen lustig tanzen,

in tausend Puppenspielen, kunstvoll schön;

so ließ ich sie schon, hochbeglückt, im Denken,

den Weg in Kinderstuben eifrig suchen.

(Vorhang fällt.)

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